Wolfgang Welt :: Buddy Holly auf der Wilhelmshöhe

Wolfgang Welt versammelt das vorläufige belletristische Gesamtwerk vom Lester Bangs des Ruhrpotts, der in den frühen Achtzigern drauf und dran war – mit einer gehörigen Portion Chuzpe, Größenwahn, aber eben auch Können -, ein Star und eine echte Zierde der Zunft zu werden. Wenn er bloß mehr Zeit gehabt hätte – nicht darüber verrückt geworden wäre! In seinen ersten beiden konsequent autobiografischen Romanen „Peggy Sue“ und „Der Tick“ und auch in den flankierenden Erzählungen macht er noch einen großen Bogen um seine „Raserei“. In seinem dritten, hier erstveröffentlichen Roman „Der Tunnel am Ende des Lichts“ stellt er sich ihr erstmals – mit derselben Erbarmungslosigkeit und Aufrichtigkeit, mit der er sich und sein Leben stets betrachtet hat.

Welt studiert ein bisschen und hackt hektisch Artikel für „Marabo“, „Musikexpress“ etc. in die Maschine, nebenbei schreibt er an seinem ersten Buch. Vielmehr versucht er es zu schreiben, aber immer ist etwas anderes los: Konzerte, Interviews, Besuche bei Plattenfirmen, Reisen. Irgendwann emanzipiert sich sein Imaginationsvermögen, schafft er sich ein solipsistisches Paralleluniversum, in dem noch die aktuelle Bildzeitungs-Schlagzeile als Zeichen gedeutet wird. Welt hält sich für den neuen J.R. und wähnt ein Filmteam auf seinen Fersen, das die letzte „Dallas“-Folge in Echtzeit dreht, er stört Vorlesungen, randaliert bei Tchibo, nimmt sich ein Hotelzimmer, schickt via Telex verwirrte Prosa an Suhrkamp und kommt irgendwann in die Klapse.

Welt hat immer schnell geschrieben, aber in diesem dritten Teil seines Lebensromans hetzt er nur so durch die Seiten in einem kurzangebundenen, atemlosen, beinahe aufzählenden Berichtstil, der sich keine Zeit mehr nimmt für Dialoge, für Atmosphäre, für Szenerie, eigentlich für alles, was seine Prosa mal ausgemacht hat. Fast meint man, er wolle sich diesen „Irrlauf „-Komplex möglichst schnell von der Seele schreiben. Gut, hat er ja jetzt, dann kann er es in seinem nächsten Buch wieder etwas ruhiger angehen lassen. In der Zwischenzeit könnte man dann auch endlich mal eine Auswahl seiner Kritiken, Essays und Reportagen publizieren. „Der Tunnel …“:

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