Wyclef Jean – The Preacher’s Son

In einem Interview wurde Wyclef Jean unlängst gefragt, wie er zu all der Schelte stehe, die er aufgrund diverser fragwürdiger Kooperationen immer wieder einstecken muss. Die postwendende Antwort: Es sei ihm absolut egal. Wenn du cool bist, arbeitet er sofort mit dir. Und weil Sarah Connor, Brian Harvey und Santana eben so wahnsinnig cool sind, wird bei aller Häme über derartige Merkwürdigkeiten gerne das unbestreitbare Talent des Tausendsassas vergessen. Jean gilt vielen als musikalisches Leichtgewicht, obwohl es der Sänger als einziges Fugees-Mitglied geschafft hat, sich eine beständige, auch kommerziell sehr erfolgreiche Identität aufzubauen. Im Intro-Song lobt ein gewisser Steve unseren Wyclef trotzdem als einen der unermüdlichsten HipHop-Soldaten unserer Zeit. Nur für den Fall, dass es jemand vergessen haben sollte. Unbedingt nötig wäre das freilich nicht gewesen, denn „The Preacher’s Son“ zeigt Jean in erster Linie als gereiften Songwriter und geschickten Arrangeur verschiedenster musikalischer Einflüsse.

Das warnende „Industry“ hat eine einfache, aber ungemein wirkungsvolle Basslinie, über die Wyclef gedämpft und mit viel Flow rappt. Doch schon die unmittelbar darauf folgende „Party To Damascus“ stellt wieder alles auf den Kopf. Die brillante Missy Elliott agiert wie vom Blitz getroffen, Wyclef croont, der pumpende Beat könnte aus dem Repertoire der Neptunes oder Timbaland stammen. Ein Club-Brett, zweifelsohne. Dass in der Tat feierliche „Celebrate“ wird dank Patti LaBelle zu einem gehörigen Gospel, bei dem sich Jean klugerweise sehr im Hintergrund hält. Als Standard-Ohrwürmer notieren wir noch „Take Me As I Am“ und „Next Generation“ auf der Habenseite.

Dem gegenüber steht jedoch die langweilige „Class Reunion“, dass wirklich extrem grausame Geheule „Baby“ sowie das gänzlich überflüssige „Three Nights In Rio“, bei dem Carlos Santana mal wieder sein ewig gleiches Gegniedel abliefern darf. Ohnehin kommt der Sohn des Predigers zum Ende der Platte etwas zu sehr vom Pfade der heiligen Qualität ab.

Die grundsätzlich ordentliche Mischung aus schwarzem Folk und pulsierendem HipHop hätte mit etwas Straffung einen weitaus besseren Eindruck hinterlassen. Und das nächste Mal bitte weniger Glückskekse essen.

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