Yusuf Islam – An Other Cup

Alter Pop ist wie Atommüll. Man wird ihn nicht los und kommt gegenüber nachfolgenden Generationen in Erklärungsnöte. Den Super-Gau gibt’s, wenn seine Erzeuger irgendwann nach langer Abstinenz zurückkehren und die Produktion wieder aufnehmen. Schwer genug, den Nachwachsenden die generationenübergreifende Relevanz von Bob Dylan, den Beatles oder den Stones zu erklären, aber wie rechtfertigt man vor spöttisch dreinblickenden Heranwachsenden („Das also war deine Jugend?“) die Rückkehr von Billy Idol, Donovan, Guns N’Roses, Soft Cell, den New York Dolls – oder gar dem notorischen Mädchenzimmer- und Flohmarktkistenbewohner Neil Diamond und, tja, Cat Stevens?

Sicher, Letztgenannter hatte in den Mid-Sixties schöne Singles wie „I Love My Dog“ und „Matthew & Son“, „Mona Bone Jakon“ war ein gutes Album, ja in gewisser Weise Proto-Devendra-Banhart, „Tea For The Tillerman“ ging irgendwie auch in Ordnung, doch danach verendete der Künstler in Seichtigkeit und Firlefanz. „I never wanted to be a star, buy my mum a Ferrari car“, sang er schließlich allzu naiv zum Abschied, als könne er kein Wässerchen trüben. Dann änderte er seinen Namen in eine Art Verballhornung von „Jesus Christus“ und befolgte die Gesetze des Islam: Du sollst Fatwah und Mutter ehren.

„An Other Cup“ sei nun das erste weltliche Album als „Yusuf Islam“, gibt der Künstler bekannt. Fragt sich nur, was für eine Welt das sein soll, über und aus der er da singt. Die Welt des westlichen Chauvinismus und Imperialismus, des islamischen Traditionalismus und Fundamentalismus und all der anderen Ismusse, die die Welt in einer schweren Form von Huntington’s Disease erzittern lassen? Dafür scheint Islam ein bisschen zu sehr am Opiumpfeifchen namens Religion geschmaucht zu haben. Die Songtitel lassen schon erahnen, dass es hier eher jenseitig zugeht: „Heaven“, „In The End“, „Whispers From A Spiritual Garden“ und, tja, „Maybe There’s A World“.

Es ist die kindliche Hoffnung auf eine Schön-ist-es-auf-der-Welt-zu-sein-sagt-die-Biene-zu-dem-Stachelschwein-Welt, die man aus diesen simplen Liedchen heraushören kann. „Every little thing you do, you better know it’s Coming back to you“ heißt es da etwa glückskeksweise und „follow true love“. Lieder für die Kinder aus Mullahbü.

Aber nicht nur für die: Selbstverständlich weiß der Prophet „I’m not the only one“, und der arme Youssou N’Dour muss in „The Beloved“ den Rest der Welt (-musik) repräsentieren. Für Fans von Cat Stevens wird „I Think I See The Light“ noch einmal ausgegraben, was zumindest zeigt, dass aus dem Glauben des Mannes 36 Jahre nach der Erstaufnahme des Songs (für „Mona Bone Jakon“) immer noch keine Gewissheit geworden ist. Auch der alte Schinken „Don’t Let Me Be Misunderstood“ muss noch einmal gespielt werden – wohl um sich hochpathetisch zum Opfer von Missverständnissen im Fall Rushdie zu stilisieren. Neben dem Oberkitsch „Green Fields, Golden Sands“ ist dies die größte musikalische Verfehlung auf diesem ansonsten meist geschmackvoll arrangierten Album, das zweifellos-wie der Titel ja schon nahe legt – als Berieselung in jeden Kaffeeladen passt.

Einmal Yusuf Islam, bitte -to go.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates