Schätze in Rot-Weiß

Als die White Stripes vom Publikum außerhalb Detroits und von der professionellen Plattenindustrie entdeckt wurden, hatten sie die eigenen Spuren schon sorgfältig gelegt: bei kleinen Labels wie Italy. Flying Bomb und natürlich Sympathy For The Record Industry, mit farbigen Singles, Split-EPs und One-off-Projekten. Gängige Veröffentlichungspolitik im analog-affinen Indie-Rock’n’Roll, obwohl Jack White die explizite, beinahe missionarische Liebe zum Vinyl auch dann noch bewies, als seine Band längst Gegenstand der gewohnten Kosten-Nutzen-Rechnungen war. Eine Liebe, die er in den Augen vieler Fans am Ende nachlässig verriet – trotzdem sind die White Stripes unter den Bands der Gegenwart eines der schönsten und teuersten Sammelfelder.

Die momentan rarste Platte aus diesem Kontext ist streng genommen nicht von den Stripes, sondern von Jack Whites Duo The Upholsterers, das er mit seinem ehemaligen Polsterermeister Brian Muldoon gegründet hatte. Zwei 7-inch-EPs gibt es von ihnen: Die erste erzielt bei Auktionen Preise zwischen 150 und 200 Dollar, die zweite dürfte ein Vielfaches wert sein, denn von ihr ist kein einziges Exemplar im Umlauf. Dass es sie geben soll, wissen wir nur, weil Jack sie jüngst im Interview in Nashville erwähnt hat. Zum 25. Jubiläum von Muldoons Betrieb hätten sie 100 Stück gepresst und anschließend, zuverlässig verpackt, bei Polsterarbeiten in den Möbeln fremder Leute versteckt. Die diese Singles erst finden werden, wenn die Polster eines Tages wieder abgerissen werden. Oder auch nicht. Die Geschichte könnte einer von Jacks gewohnten Scherzen sein, aber wer weiß?

Immerhin 15 Stück gibt es vom wertvollsten collector’s item der White Stripes, einer speziellen Version der zweiten Single „Lafayette Blues“ von 1998 – die besonderen 15 Exemplare dieser Platte wurden nur bei der Record-Release-Party im Detroiter „Gold Dollar“ verkauft. Wieder einmal hatte UPS versagt, die Cover waren nicht rechtzeitig eingetroffen, weshalb Jack und Dave Buick, der praktisch die Plattenfirma Italy Records war, einige neutrale Singles-Hüllen von Hand bemalten, um überhaupt etwas zum Verkaufen zu haben. Der „Record Collector“ hat den Wert dieser Exemplare vor vier Jahren mit ungefähr 600 Dollar angegeben, er dürfte in der Praxis um ein Astronomisches höher sein. „Lafayette Blues“ ist freilich auch mit regulärem Sleeve ein Sammlerstück, das bei eBay zwischen 150 und 250 Dollar kosten kann, ebenso die 1998 in 1000 Stück Rot-Vinyl gepresste Debüt-Single „Let’s Shake Hands“ – sogar der erste Schwung an Nachpressungen gilt heute als wertvolle Rarität um die 100 Dollar. Extrem gesucht ist die beim berüchtigten Label Sub Pop erschienene 7-inch-EP „Party Of Special Things To Do“ von 2000, die drei Captain-Beefheart-Coverversionen enthält und bei Auktionen schon über 350 Dollar erzielte. Auf CD erschienen sind diese Stücke bis heute nicht.

Das eindrucksvolle Revival der Vinyl-Single in den letzten Jahren mag ein zusätzlicher Grund dafür gewesen sein, dass die White Stripes auch nach dem „Elephant“-Smash ab und zu limitierte Schätze verteilten. 3000 „Mojo“-Leser bekamen ein „Red Death At 6:14“-Vinyl, eine Weihnachts-Platte wurde als Promo-Geschenk verschickt, Anfang Mai lag sogar dem „NME“ eine Single bei.

Zur „Get Behind Me Satan“-Tour 2005 hatten die White Stripes angeblich bei der japanischen Spielzeugfirma Bandai die letzten 400 Exemplare eines Kinder-Plattenspieler aufgekauft, der nur Miniaturvinyl im 3-inch-Format abspielen kann. Speziell für ihr Merchandising ließen sie ein Set mit sechs Mini-Singles herstellen, die zusammen mit dem Player angeboten wurden – allerdings nur Auserwählten. Bei späten Konzerten wurden höchstens drei „Triple lnchophones“ pro Abend verkauft, an Leute, die als Fans zu erkennen waren und nicht als eBay-Schlawiner. Das Ding kostet heute 800 Dollar.

Viel beachtet (und imitiert) wurde auch die Idee mit dem Promo-Vinyl: Man wolle nicht von Journalisten besprochen werden, die keinen Plattenspieler haben, ließ die Band wissen, und verschickte von „Elephant“ und „Safan“nur Doppel-LPs an die Presse. Von „Satan“ ist dies bis heute die einzige offizielle Vinyl-Ausgabe – weil er mit der Qualität unzufrieden war, wollte Jack das Album für den LP-Release ganz neu einspielen. Was bis heute nicht passiert ist. Ein Grund für viele, an Whites Analog-Leidenschaft zu zweifeln. Er wolle es nachholen, sagt er.

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