Schmieriges Blech

Friendly fires Berlin, Postbahnhof

Die Friendly Fires sind eine fulminante Live-Band. Das gilt vor allem für ihre Kernbesetzung: Sänger und Gelegenheitskeyboarder Ed Macfarlane ist ein schwitzender Derwisch, der mit seinem Tanzstil widerlegt, was uns US-HipHop-Videos weismachen wollen: Booty shakin‘ ist mitnichten nur Frauensache. Der Gitarrist Edward Gibson beherrscht funkiges Gegniedel ebenso wie die passende Riff-Untermalung für seine lupenreinen Poprefrains. Und Schlagzeuger Jack Savidge hält den gesamten Laden zusammen. Mal klöppelt er elektronische Beats nach, im nächsten Moment bricht er in schweißtreibende Percussion-Orgien aus, bei denen man nicht immer weiß, ob er noch auf seinem Drumkit trommelt oder auch andere Gerätschaften in seiner Nähe bespielt.

Dass die drei Herren aus dem britischen St Albans dabei auch noch höllisch smart aussehen, rundet den Eindruck ab. Wie gesagt: Eigentlich sind die Friendly Fires eine tolle Liveband. An diesem Abend im Berliner Postbahnhof waren sie es nicht.

Dabei fing alles so gut an: Macfarlane und Gibson waren schon beim mittäglichen Interview in ausgelassener Stimmung, tranken Bier und schwärmten von ihrem Auftritt bei Jimmy Fallon, wo sie die neue Single „Live Those Days Tonight“ zum ersten Mal live spielten. Bei dieser Gelegenheit gaben sie auch das Motto ihres Schaffens aus: „Wir wollen die Leute zum Tanzen bringen. Wir wollen eine Pop-Band sein.“ Und: „Dafür muss man Eier haben, denn der Grat zwischen toll und cheesy – und damit: scheiße – ist schmal.“

So sprach also Ed Macfarlane und wurde später in zweierlei Hinsicht bestätigt. Das Publikum – überwiegend smarte, junge, hippe, schicke, bisweilen ulkig gekleidete Leute – tanzten tatsächlich, obwohl die Songs vom zweiten Album „Pala“ noch weitestgehend unbekannt gewesen sein dürften. Ein gutes Beispiel dafür war „Show Me Lights“, ein von einem Flying-Lotus-Track inspirierter Song mit einem Refrain, den East 17 nicht besser hinbekommen hätten. Aber: Was auf dem Album wunderbar funktioniert, wirkte auf der Bühne nicht selten cheesy und kraftlos.

Die Schuldigen waren schnell ausgemacht: Der Soundmann, der Macfarlanes Stimme nicht den artifiziel- len Hall gab, den sie braucht, und ein Saxofonist, der den Friendly Fires die schillernde Coolness ihrer Alben austrieb und sie mit seinem schmierigen Soundfett zusiffte, sodass sie bisweilen wie die perfekte Band zum All-Inclusive-Urlaub auf Gran Canaria klangen. Oder wahlweise wie Matt Bianco 1985.

Dennoch mühten sich die Friendly Fires redlich. Vor allem Dandy Macfarlane, der seinen Hintern im wahrsten Sinne des Wortes ins Publikum schwang und wild zuckend tanzte. Und Hits wie „Skeleton Boy“, „Paris“ oder das neue „Live Those Days Tonight“ kriegt auch ein Saxofon nicht kaputt. Deshalb sei der Ausrutscher verziehen: Sobald sie ohne Saxofonist wiederkommen, werden wir wieder vor der Bühne stehen. daniel koch

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