Schwul in Wales

Ja, aber nein, aber ja: Die umstrittene britische Comedyserie "Little Britain" kommt endlich auch bei uns auf DVD

Dass Stromberg nur dann richtig gut war, wenn er sich möglichst eng an die englische Vorbild-Serie „The Office“ hielt, ist eines. Dass man über „Fawlty Towers“ schon in der deutschen Synchronfassung nicht mehr so viel lachen konnte wie im Original, spricht für einen bösen Verdacht: Vielleicht mögen wir britische Comedy nur deshalb so gern, weil wir die Sprache so witzig finden.

Und wenn man dann noch zu erklären versucht, warum eigentlich die BBC-Sketchserie „Little Britain“ so komisch ist, wird es auch auf Englisch schwierig. In „Little Britain“ tritt zum Beispiel das Unterschicht-Mädchen Vicky Pollard auf, mit filzigem Pferdeschwanz und rosa Trainingsanzug-Wampe, das im Gespräch mit Lehrern, Richtern, Sozialarbeitern unglaublich schnell redet, flucht und stammelt, mit Klatsch aus dem Bekanntenkreis vom Thema ablenkt – „Glauben Sie Kathy nicht, jeder weiß doch, dass ihre Titten ungleich groß sind!“ – und sich windet, wenn alles gegen sie spricht: „No, but yes, but no…“ Das ist der Sketch, sonst nichts, keine Pointe. Und er kommt immer wieder, mit wechselnden Autoritätsfiguren, auch in derselben Folge.

Es gibt den Jungen, der behauptet, der einzige Schwule in seinem walisischen Dorf zu sein, und daher ständig komplexe Ausreden erfinden muss, wenn doch andere Gays auftauchen. Den Transvestiten, der so schlecht verkleidet ist, dass er sich übertrieben damenhaft benehmen muss. Den Sozialarbeiter Lou, der den umnachtet wirkenden Andy im Rollstuhl herumschiebt und aus Mitleid alle Zumutungen erträgt. Nur wenn Lou nicht hinsieht, zeigt Andy, dass er die Behinderung nur spielt, um bedient zu werden. Das Charakterpaar entwickelten die „Little Britain“-Macher Matt Lucas und David Walliams aus einer Szene, die sie für ihre frühere Show „Rock Profile“ drehten: Andy Warhol besucht Lou Reed und treibt ihn zum Wahnsinn.

Die Serie startete im Radio, lief 2003 im britischen Digital-TV, erreichte mit der dritten Staffel auf BBC1 bis zu zehn Millionen Zuschauer pro Folge. Die erste Staffel lief in Deutschland heimlich bei Sat.1 und „Comedy Central“ und ist nun auf einer großartigen Doppel-DVD (inklusive Best-of der „Rock Profile“-Serie) zu kaufen. Die redliche Synchronisation von Oliver Kalkofe und Oliver Welke muss man leider ignorieren, um „Benny Hill“-Assoziationen zu vermeiden.

„Die Balance war schwierig zu finden“, erzählt Matt Lucas in der Making-of-Doku. „Man muss einfach und ökonomisch schreiben, und gleichzeitig soll sich die Sendung komplett von allen anderen abheben, die es gibt.“ Und die Konkurrenz ist in Großbritannien bekanntlich groß und wunderbar, mit „Spaced“, „The League Of Gentlemen“, „The Mighty Boosh“ und den vielen anderen Serien, die in vier Jahren bei uns laufen können. „Little Britain“ ist sicher die geschmackskritischste, die von Linken wie Konservativen kritisiert wurde und aus der für manche Länder sogar Szenen geschnitten wurden: Lucas und Walliams zeigen halt viele Randgruppen, die sich in ihrem Minoritäten-Status überaus wohlfühlen. Nun ja, auch das soll es geben.

Im Grunde ist „Little Britain“ mit seinen vielen Wiederholungen und den Gags, die man mit ein bisschen Seh-Erfahrung sofort voraussagen kann, mehr eine Kindersendung für Erwachsene. Wenn zum Beispiel der schottische Hotelbesitzer, der mit seinen Gästen nur in der Koboldsprache spricht und dazu Flöte spielt, nur im Bild auftaucht brüllen vor Freude könnte ich.

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