Sean Combs: 3 x Freispruch, 1 x schuldig!
Freisprüche für Sean Combs – aber in einem Punkt wurde er für schuldig befunden.

Sean Combs, der sich in den letzten sieben Wochen mit fünf Anklagepunkten wegen schwerer Straftaten – unter anderem wegen Menschenhandels und Verschwörung zur organisierten Kriminalität – konfrontiert sah, wurde von den schwerwiegenderen Vorwürfen freigesprochen, jedoch wegen Förderung der Prostitution verurteilt.
„Nicht schuldig“-Urteil bringt Combs Erleichterung
Seit dem Moment, in dem Combs‘ Ex-Freundin Casandra „Cassie“ Ventura im November 2023 ihre aufsehenerregende Klage wegen Menschenhandels einreichte – die zu seiner Verhaftung im September desselben Jahres führte – hatte der 55-Jährige seine Unschuld beteuert. Die hochkarätigen Verteidiger des Bad-Boy-Records-Chefs gingen Combs’ brutale und wiederholte Gewalt gegen Ventura nicht aus dem Weg. Sie betonten aber immer wieder: „Häusliche Gewalt ist kein Menschenhandel.“
Als das „nicht schuldig“-Urteil zur Verschwörung zum organisierten Verbrechen verlesen wurde, legte Combs die Hand über sein Gesicht und neigte erleichtert den Kopf.
Das Urteil wurde in einem überfüllten Gerichtssaal verkündet, nachdem eine Jury aus acht Männern und vier Frauen insgesamt 13 Stunden beriet. Schon am Dienstagabend hatten sich die Geschworenen mehrheitlich zu einem Urteil über die Anklagepunkte des Menschenhandels sowie der Förderung von Prostitution im Zusammenhang mit Ventura und einer weiteren Ex-Freundin namens „Jane“ geeinigt.
Bei der Anklage wegen der Verschwörung zum organisierten Verbrechen erklärten sie zunächst, man habe aufgrund „unbeirrbarer Meinungen auf beiden Seiten“ keine Einigung erzielen können. Nach Anweisung von Richter Arun Subramanian, weiter zu beraten, kehrte die Jury am nächsten Tag mit einem endgültigen Urteil zurück.
Die Verurteilung wegen Förderung der Prostitution könnte Combs eine Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren einbringen. Wobei jede Anklage mit bis zu 10 Jahren Gefängnis geahndet werden kann. Das liegt dennoch deutlich unter einer möglichen lebenslangen Freiheitsstrafe, die bei einer Verurteilung wegen Menschenhandels und organisierter Kriminalität im Raum stand. Ein Termin für die Urteilsverkündung steht noch aus.
Emotionaler Prozess mit 34 Zeugen der Anklage
Die dreitägige Beratung folgte auf sieben Wochen aufwühlender Zeugenaussagen von 34 Regierungszeugen. In seinem Schlussplädoyer zeigte sich Hauptverteidiger Marc Agnifilo emotional, kämpfte mit den Tränen und warf der Staatsanwaltschaft vor, Combs mit übermäßiger Machtfülle ins Visier genommen zu haben. Man habe Venturas Klage als Sprungbrett genutzt, um in Combs’ Privatleben einzudringen. Und ihn auf Grundlage seiner unkonventionellen sexuellen Vorlieben mit Strafgesetzen zu belangen.
In Combs’ angeblich „privater Zeit“ und zum „Abreagieren“ filmte der Geschäftsmogul seine Freundinnen beim tagelangen Sex mit männlichen Escorts. Diese Sessions inszenierte er wie einen persönlichen Pornodreh: mit Designerkerzen, minutiöser Choreografie und klaren Anweisungen, was geschehen sollte.
Combs’ Sexleben als Mittelpunkt des Prozesses
Die Staatsanwaltschaft wirft Combs vor, Ventura und Jane mit einem Drogenbuffet – vor allem Ecstasy – gefügig gemacht und sich über ein „Nein“ hinweggesetzt zu haben. Über Jahre hinweg habe Combs die Frauen manipuliert und durch Gewalt, Zwang oder finanzielle Drohungen sowie durch Androhung der Veröffentlichung expliziter Aufnahmen zu sexuellen Handlungen genötigt.
Verteidiger Agnifilo hingegen verspottete die als „Freak-Offs“ bezeichneten Sexpartys, die im Zentrum der Anklage standen. „Man kann es Swinger nennen, Dreier, wie auch immer. Das ist es. Das zeigen die Beweise“, sagte Agnifilo über Combs’ Praxis, männliche Escorts für seine Freundinnen zu engagieren. „Er hätte nie gedacht, dass etwas daran falsch ist.“
Die Jury schien dem zuzustimmen. Und sprach Combs vom Vorwurf des Menschenhandels an Ventura und Jane frei. Auch wurde er von dem Vorwurf entlastet, ein Team aus hochrangigen Mitarbeitern, Sicherheitskräften und „jungen, eifrigen“ Assistenten als Teil einer kriminellen Organisation eingesetzt zu haben.
Verteidigung verzichtete auf eigene Zeugen
Combs zeigte sich während des gesamten Prozesses zuversichtlich. So sehr, dass seine Anwälte auf eigene Zeugen verzichteten. Stattdessen verlasen sie Textnachrichten zwischen Ventura und Combs, in denen die R&B-Sängerin angeblich Begeisterung für die mehrtägigen, drogenintensiven Begegnungen zeigte. Nach nur 25 Minuten schloss die Verteidigung ihre Argumentation. Überzeugt davon, dass die Beweislage zu ihren Gunsten ausfiel.
Die Anklage behauptete, Combs habe von 2004 bis zu seiner Verhaftung im September 2024 eine kriminelle Organisation angeführt, die sich im Wesentlichen um sein Sexleben drehte. Gemeinsam mit mutmaßlichen Mitverschwörern soll er unter anderem drei Entführungen, einen Brandanschlag auf Kid Cudis Auto (wegen dessen Affäre mit Ventura), Bestechung eines Hotelangestellten mit 100.000 Dollar zur Löschung belastender Aufnahmen, Zeugenbeeinflussung und Drogenhandel angeordnet haben.
Sexuelle Ausbeutung über Jahre hinweg
Während der angeblichen kriminellen Verschwörung soll Combs laut Staatsanwaltschaft seine Freundinnen sexuell ausgebeutet haben. Ventura von 2009 bis 2018, Jane von Januar 2021 bis September 2024. Er soll männliche Escorts aus verschiedenen Städten einfliegen lassen und sie bar bezahlt haben, nachdem sie mit den Frauen Geschlechtsverkehr hatten. In Los Angeles, New York, Miami und auf den Turks- und Caicosinseln.
Es ist nicht das erste Mal, dass Combs aus einem Strafprozess siegreich hervorgeht, obwohl das Gesetz scheinbar gegen ihn stand. Bereits 1999 drohten ihm 15 Jahre Haft wegen seiner angeblichen Beteiligung an einer Schießerei in einem Nachtclub. Was seine Zukunft als milliardenschwerer Mogul gefährdete. Doch im März 2001 wurde er freigesprochen. Und umarmte seine Mutter Janice vor einem Gericht in unmittelbarer Nähe zum heutigen Bundesgericht.
Auch im Zusammenhang mit einer Tragödie beim Basketballspiel zugunsten eines guten Zwecks im Dezember 1991, bei dem neun Menschen starben, geriet der damals 22-jährige Combs in Kritik. Er hatte das Spiel an der City College of New York mitveranstaltet und überverkauft. Trotz Entschuldigungen und der Beilegung mehrerer Zivilklagen wurde das Unglück letztlich zur Fußnote in Combs’ Biografie, bevor er 1993 Bad Boy Records gründete und The Notorious B.I.G. entdeckte.
Zivilklagen gegen Combs häufen sich
Derzeit sieht sich Combs noch mit über 50 Zivilklagen konfrontiert. Venturas Klage, die innerhalb von 24 Stunden für 20 Millionen Dollar beigelegt wurde, löste eine Welle ähnlicher Vorwürfe von Männern und Frauen aus. Die angeblichen sexuellen Übergriffe reichen über Combs’ drei Jahrzehnte lange Karriere hinweg. Von 1990 bis Juli 2024. Zahlreiche Modelle, Personen aus der Musikbranche und Gelegenheitsbekanntschaften werfen ihm vor, sie sexuell ausgenutzt zu haben.
Combs hat alle Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs vehement zurückgewiesen. „Mr. Combs hat niemals jemanden sexuell missbraucht oder sexuell ausgebeutet. Weder Männer noch Frauen, weder Erwachsene noch Minderjährige“, teilte seine Anwaltskanzlei in einer früheren Stellungnahme mit.