Sophie Passmann weiß, wie man mit (alten, weißen) Männern reden muss

Sophie Passmann hat 120.000 Follower und kämpft gegen Rollenklischees – vor allem die alter weißer Männer. Das klappt nicht immer.

Falls Sie es noch nicht gemerkt haben: Männer haben es zurzeit schwer. Erstmals in der Menschheitsgeschichte wird ihre privilegierte Gesellschafts­position hinterfragt, die ihnen durch Geschlecht und Hautfarbe zugefallen ist. Die Journalistin Sophie Passmann hat den inzwischen sprichwörtlichen alten weißen Männern, die sich (noch) gegen den gesellschaftlichen Umbruch sträuben, ein ganzes Buch mit dem naheliegenden Titel „Alte weiße Männer“ gewidmet. ­Dafür hat sie einige Vertreter dieser bedrohten ­Spezies zum Gespräch gebeten.

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Passmann selbst ist jung, laut, erfolgreich und weiblich. Und wie viele andere Frauen in der media­len Öffentlichkeit auch wird sie kritisiert und angegriffen, meist von – alten weißen Männern. Wie meinungs­mächtig Passmann ist, merkt man daran, dass die 25-Jährige auf Twitter 70.000 und auf Insta­gram 50.000 Follower hat. Denen erklärt sie mit viel Humor und Rückbindung an den Alltag politische Zusammenhänge.

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Doch sie beschränkt sich nicht auf explizit politische oder femi­nistische Themen. Sie plaudert auch über ihren Weißweinkonsum, empfiehlt Bücher und schreibt banalen Quatsch. Passmann ist eine akademisch beschlagene Influ­encerin, die inzwischen zu einer gehypeten Marke ­geworden ist. Wobei der Begriff „Influencerin“ ihr selbst zuwider ist.

„Ich habe versucht, die Debatte argumentativ auf ein Niveau zu holen, das weder zu akademisch noch zu flapsig ist“

Sie scheint sich in jedes Umfeld gut einzufügen: Auf Instagram spottet Passmann über Berlin-­Mitte, doch im Café Einstein Unter den Linden, wo wir uns treffen, ist sie trotzdem ein gern ­gesehener Gast. Sie wirkt aufgeräumt, spricht schnell, präzise und wirft mit sozialwissenschaftlichen Begriffen um sich. Ihr Ziel sei es aber, den Feminismus ein Stück zugänglicher zu machen: „Ich habe versucht, die Debatte argumentativ auf ein Niveau zu holen, das weder zu akademisch noch zu flapsig ist.“

Nun hat Passmann sich mit 15 mehr oder weniger mächtigen Männern getroffen, um sich dem Habitus „alter weißer Mann“ zu nähern. Sie definiert dessen Charaktereigenschaft als „Gefühl der Überlegenheit, gepaart mit der scheinbar völligen Blindheit für die eigenen Privilegien“. Sie hat mit Chefredakteuren, Politikern und Quasiprominenten aus allen politischen Lagern gesprochen; ein Mann pro Kapitel. Sie ringt mit Männern wie dem Kabarettisten Claus von Wagner oder dem Grünen-­Politiker Robert Habeck darum, wie Männlichkeit im 21. Jahrhundert aussehen sollte.

Mit Redeschwall einschüchtern

Sehr souverän seziert sie die stereotypen Rollenbilder des rechtskonservativen Politikprofessors Werner Patzelt und erörtert mit dem Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert die richtige Argumentation für eine Frauenquote. Andere Diskussionen, wie etwa mit dem Come­dian Micky Beisenherz oder dem Moderator Jörg Thadeusz, laufen ins Leere. Da kann Passmann dann lediglich jene strukturelle Herabsetzung offen­legen, die viele Männer immer noch nicht wahrhaben wollen: Die Gesprächspartner unterbrechen sie immer wieder, erklären ihr in einem gutmeinend-­herablassenden Ton die Welt und versuchen sie mit einem Redeschwall einzuschüchtern. Da kommen „all diese kleinen Ohnmachts­gefühle, die Frauen in Gesprächen gerade mit Männern, gerade mit alten weißen Männern, ­haben“, wieder hoch, so Passmann.

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Natürlich hat sie am Ende des Buchs nicht die Geschlechterungleichheit aufgelöst – dafür fehlt auch der Autorin die revolutionäre Idee. Sie nimmt dem Feminismus aber etwas von seinem bitteren Ernst, ohne sich der Dringlichkeit zu entziehen. In „Alte weiße Männer“ zeigt sie nicht nur jungen Frauen ohne feministisches Vorwissen, wie konkret die Benachteiligung von Frauen in unserer Gesell­schaft immer noch ist.

Und vielleicht werden sogar einige alte weiße Männer Sophie Passmanns Buch lesen und sich im beschriebenen Verhalten wiedererkennen.

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