Spott an!

Tränen, Missgunst, Nippel-Skandal: Wie die 19-jährige Kate Bush früh zum gebrannten Kind wurde. Ein Buchauszug von Graeme Thomson.

Die Dinge nahmen ihren Lauf: Mit der Veröffentlichung ihrer Debütsingle „Wuthering Heights“ am 6. Januar 1978 begann für Kate Bush ein turbulentes, ja chaotisches Jahr. Morgens um sieben ging’s zum Fernsehsender ITV, für einen Auftritt in der Kindersendung „Magpie“, dann zum TV-Vormittagsmagazin „Pebble Mill“, wo sie von einem desinteressierten Moderator interviewt wurde, weiter nach Irland zu einem Auftritt in der „Late Late Show“. Comedian Peter Cook stellte sie in der kurzlebigen Musiksendung „Revolver“ vor, selbst das seriöse Nachrichtenmagazin „Tonight“ lud zum Interview. Und der bekannte britische TV-Moderator Michael Aspel fragte sie in „Ask Aspel“ onkelhaft, warum sie die Schule denn mit so schlechten Noten abgeschlossen habe.

„Top Of The Pops“ aber war der wichtigste Termin. In der populärsten Musikshow der BBC trat Kate Bush erstmals am 16. Februar 1978 auf, nachdem „Wuthering Heights“ auf Platz 27 in die Charts eingestiegen war. Doch was ein Triumph hätte werden können, wurde zum Albtraum. Kurz vor der Aufzeichnung erfuhr sie, dass sie als Solokünstlerin nicht mit ihrer eigenen Band auftreten konnte, weil das die Gewerkschaftsvorschriften so verlangten. Sie musste zu einem neuen, wenig überzeugenden Backing-Track singen, den das BBC-Orchester am Nachmittag eingespielt hatte. Ihre Band war anwesend, konnte aber nur hilflos vom Bühnenrand mitverfolgen, wie das Unglück seinen Lauf nahm. „,Top Of The Pops‘ war eine furchtbare Erfahrung für sie“, erinnert sich Drummer Charlie Morgan. „Ihre eigene Band hätte ihr zumindest einen moralischen Rückhalt gegeben. Wir alle fühlten mit ihr, weil sie natürlich wusste, dass es alles andere als ein guter Auftritt war.“ Als sie die Aufnahme später sah, sagte Bush, sie habe das Gefühl, „mir selbst beim Sterben zuzusehen“.

Doch das sollten nur die ersten Vorgeplänkel eines langen Kampfes mit dem destruktiven, lähmenden Phänomen namens Ruhm sein. Wie kommt man damit klar, sich selbst plötzlich aus den unterschiedlichsten Perspektiven wahrzunehmen, die Kontrolle über Kunst und Leben aus den Händen geben zu müssen? Die Tatsache, dass ihre spätere Karriere auch dadurch geprägt war, dass sie viele Angebote bewusst ablehnte, kann direkt auf diese Ur-Erfahrung zurückgeführt werden. Ende März 1978 war sie zwar wieder in „Top Of The Pops“ zu Gast – diesmal als Spitzenreiter der Charts und mit einer weitaus überzeugenderen Vorstellung -, aber die Erniedrigung sollte sie nie vergessen. „Sie hatte sich einmal die Finger verbrannt“, so Morgan, „und sie schwor sich, den gleichen Fehler nicht noch einmal zu begehen.“ Obwohl sie mehrfach in die Sendung eingeladen wurde, lehnte sie ab. Erst 1985 – als sie in der Lage war, ihre Bedingungen durchzusetzen – machte sie wieder eine Ausnahme.

Ihr Verhältnis zu den Printmedien sollte sich aber als noch problematischer erweisen. „Das war der Zeitpunkt, als alles aus dem Ruder lief“, sagte sie später. „Bis dahin hatte ich mich ausschließlich auf meine kreative Arbeit konzentrieren können, Schreiben, Aufnehmen, Tanzen. Und nun musste ich plötzlich mit der Presse sprechen … Und es fiel mir schwer, mich verbal auszudrücken. Ich wurde mit einem völlig neuen Gegner konfrontiert.“

Man warf sie in die Löwengrube, setzte ihr alle erdenklichen Gesprächspartner vor, von „The Sun“ bis „NME“, „Vogue“ bis „Vegetarian“. Liest man die damaligen Interviews, fallen einem Aspekte auf, die sich wiederholen: Ihre hohe Stimme wurde thematisiert, ihr Zigarettenrauchen, ihre Manier, einen Satz mit einem atemlosen „Wow“ zu beginnen und mit „amazing“ oder „heavy“ zu beenden. Ihr Vegetarismus wurde hinterfragt, ebenso ihr Faible für Astrologie, Geister und Parapsychologie. Man sieht schon die Konturen einer Karikatur, die sich in diesen Artikeln abzuzeichnen beginnen. Penny Allan, eine „Guardian“-Kolumnistin, warf ihr vor, „bewusst diese kindliche Stimme zu kultivieren und damit das Publikum aufzurufen, in die Rolle des Voyeurs zu schlüpfen“.

Die Geier des Boulevards stürzten sich natürlich auf ihr Privatleben. Nur einmal, ganz am Anfang, erwähnte sie, dass Del Palmer, der Bassist ihrer Band, auch ihr boyfriend sei. Im weiteren Verlauf wirft sie nur noch Nebelkerzen: Sie lebe allein (auch wenn sie tatsächlich mit Del zusammengezogen war), sie habe einen anderen Freund („ein Künstler, nicht aus der Musikbranche“), oder sie sprach davon, dass sie mit einer Menge Männer ausgehe, aber mit niemandem im Besonderen. Gedanken an Heirat und Kinder wischte sie rigoros vom Tisch – wie überhaupt jede Unterstellung einer „ernsthaften“ Beziehung.

Dabei war sie alles andere als ein scheues Reh. Wenn sie in Stimmung war, konnte sie durchaus selbstbewusst, ja dominant auftreten, und wirkte dabei immer authentisch, zielstrebig, lebensklug. Beizeiten schien sie mit einer Weisheit gesegnet zu sein, die für ihr Alter sehr ungewöhnlich war – als könne sie neben sich stehen und sich selbst aus der Distanz taxieren, fasziniert von dem Trubel um sich herum, doch immer auf der Hut, nicht in Rockstarklischees zu verfallen. Bei anderen Gelegenheiten wiederum war sie erstaunlich naiv. Als man sie über die Songs befragte, die das Thema Inzest behandeln, sagte sie mit entwaffnender Ehrlichkeit: „Ich sehe in meinen Brüdern Männer, attraktive Männer, aber die Sexualität spielt in unserer Beziehung keine Rolle – vermutlich, weil es nie wirklich zu körperlichen Kontakten gekommen ist.“

Für jemanden, der so offen war wie sie, musste es eine niederschmetternde Erfahrung sein, immer wieder damit konfrontiert zu werden, wie ihre Worte willentlich aus dem Zusammenhang gerissen wurden. „Sie wurde misstrauisch gegenüber den Medien“, so EMI-Mitarbeiter Brian Southall. „Es war keineswegs so, dass die Medienleute sie nicht mochten, aber sie machten sich schon etwas lustig über sie. Und je mehr Vorfälle es gab, desto klarer wurde ihr, dass die Welt nicht der harmonische Ort war, den sie sich vorgestellt hatte., Er sagte mir, dass er mit mir übers Video sprechen wollte, aber dann stellte er mir ganz andere Fragen.‘ Klar, so was kommt vor. Aber es warf sie aus der Bahn.“

Die Exzentrik, die „Wuthering Heights“ und das zugehörige Video transportierten, war ein gefundenes Fressen für Comedians. Zu einer Jux-Version von „Them Heavy People“ („Oh England, My Leotard“ genannt) wurde sie in den „Not The Nine O’Clock News“, der hipsten Sendung der BBC, gnadenlos veralbert. Auf ITV parodierte die schrille Komikerin und Celebrity-Imitatorin Faith Brown ihre Tanzbewegungen, ihre Stimme und ihre Wortwahl – „Ich habe gelernt,, amazing‘,, fantastic‘ und, incredible‘ in 85 Sprachen zu sagen“ -, bevor sie Bush mit einer gelungenen Song-Persiflage namens „Three Little Fishes“ verulkte.

Das Theater, das um ihr Alter gemacht wurde, war eigentlich am wenigsten plausibel. Sie war immerhin 19 – was im Popmusik-Kontext nicht gerade ungewöhnlich war: Paul Weller war 18, als „In The City“ von The Jam chartete, John Lydon beim Start der Sex Pistols auch erst 21. Aber die Diskrepanz zwischen ihren ausgereiften, erwachsenen Songs und ihrer Kindfrau-artigen Physis, auch ihrer gelegentlichen Unbeholfenheit, wurde immer und immer wieder hervorgehoben – zumal sie aus einem gut situierten Elternhaus kam: die tanzende Arzttochter, die sich nie Gedanken um einen „echten Job“ machen musste. Sie war eine junge Frau mit außergewöhnlichen Ideen und Ambitionen – was unweigerlich bedeutete, dass es irgendjemanden geben musste, der irgendwie im Hintergrund die Strippen zog. Es ist nun einmal das Schicksal von Pionieren, dass man sie gern mit Dreck bewirft.

Ihre Sexualität war ein anderer Aspekt, der schon früh in ihrer Karriere für Komplikationen sorgte. Ein holländischer Fotograf hatte sie überredet – wohl mit dem Argument, es handle sich um Kunst und nicht um Porno -, für ein Foto mit leichten Bondage-Assoziationen zu posieren. Die Bush-Familie bot dem „Record Mirror“ Geld an, das Foto nicht zu drucken, vergeblich. „Wir hatten keine Ahnung, dass das Foto existierte“, so EMI-Mann Southall. „Es war einfach dumm gelaufen. Es war auch eine Warnung, künftig vorsichtiger zu sein. Die Presse wartete nur darauf, mit ihr Schlagzeilen machen zu können.“

Ein anderes Foto sorgte für noch mehr Wirbel. Ende 1977 beauftragte die EMI den angesagten Rockfotografen Gered Mankowitz, Bilder für die „Wuthering Heights“-Single und die dazugehörige PR-Kampagne zu schießen. Mankowitz hörte den Song, erfuhr von Kates Liebe zu Pantomime und Tanz – und schlug eine Session vor, die sich visuell in diesem Umfeld bewegen, aber völlig ungekünstelt sein sollte. „Ich machte den Vorschlag, sie solle nur mit ihrem Tanztrikot kommen, den Wollsocken und all den Sachen, die man sonst beim Tanzen braucht. Sie schien von der Idee sehr angetan zu sein. Ich machte eine ganze Serie – Ganzkörper, 3/4-Körper und Porträt -, und sie sah einfach fantastisch aus. Die von der EMI beauftragte PR-Agentur schlug vor, eine Posterkampagne speziell für die Londoner Stadtbusse zu machen. Sie wählte das Motiv mit dem rosafarbenen Trikot aus, auf dem man den Abdruck ihrer Brustwarzen sieht – der Rest ist Geschichte.“

Die Kampagne war nicht nur unglaublich erfolgreich, sondern wirbelte auch hinter den Kulissen massig Staub auf. „Ihre Familie wollte verhindern“, so Mankowitz, „dass ihre Tochter beziehungsweise Schwester sexualisiert wurde. In ihren Augen lenkte es von der Musik ab. Einer ihrer Brüder – den ich nie kennenlernte, jedenfalls war er bei der Session nicht anwesend – muss sich wohl in die Richtung geäußert haben. Mir persönlich sagte niemand etwas, und es gab auch keinerlei Einwände, dass ich weiterhin mit ihr arbeitete.“

Wie Mankowitz richtig vermutet, wurde das „Nippel-Foto“ der symbolische Kriegsschauplatz, an dem sich der Ärger entlud, der sich zwischen Bush-Familie und EMI aufgestaut hatte. Von Anfang an war es die Familie gewesen, die Kate als Resonanzboden nutzte, und je größer ihr Erfolg wurde, umso mehr nahm der Einfluss der Eltern und Brüder zu. Wenn Kate in Interviews davon sprach, dass „wir die nächsten Schritte planen“, so war mit dem „wir“ ausschließlich der Bush-Clan gemeint. Es gab zahlreiche Anlässe, bei denen Familie und Plattenfirma heftig aneinandergerieten, bei denen Grenzen überschritten und Spielregeln missachtet wurden. Und das Mankowitz-Porträt wurde zum Brennpunkt all dieser Frustrationen und Missverständnisse. „Ich erinnere mich daran“, so der englische EMI-Chef Bob Mercer, „wie Jay (Bush, ihr Bruder) in mein Büro stürmte und mir vorwarf, wir würden Kate mit dem Foto gewaltsam sexualisieren – was mir nicht mal im Traum eingefallen wäre. Von all den Attributen, die mir zu Kate einfallen, wäre, unverhohlen sexy‘ so ziemlich das letzte.“

Jay Bush äußerte sich später, dass es wohl eine Überreaktion war, „jedes Business-Meeting wie einen Karatewettkampf anzugehen“, aber er gab seine Aufgabe nie auf, für eine „klar definierte Vision von Kate, der Künstlerin“ einzutreten. Teilweise ging es um künstlerische Autonomie, teilweise auch um den verständlichen Wunsch der Familie, die Tochter in einer Haifischbranche vor emotionalem Schaden zu schützen. Besonders der ältere Bush-Bruder spielte bei der „Koordinierung ihrer Karriere“, wie er es nannte, eine zentrale Rolle. „Ich hatte schon von der Bush-Mafia gehört“, so Mankowitz, „aber nie direkt mit ihnen zu tun. Ich erinnere mich, einen der Brüder bei einem EMI-Empfang kennengelernt zu haben – und er war nicht gerade der angenehmste Mensch auf dieser Welt. Sie waren sehr eigen und abweisend.“

Die einzige Person, die von dem Zirkus unbeeindruckt schien, war Kate selbst. „Sie hatte ein völlig unverkrampftes Verhältnis zu ihrem Körper“, so Southall. „Einmal waren wir vor einer Preisverleihung in einem Probenstudio am Manches-ter Square, und ich sagte:, Beeil dich, Kate, der Wagen wartet schon.‘ Worauf sie sich ungeniert ihr Oberteil abstreifte, um sich umzuziehen. Sie war in keiner Weise gehemmt – während ich in der Ecke saß und verzweifelt so tat, als wäre alles ganz normal.“ Ursprünglich hatte sie auch keine Probleme mit dem Foto. „Ich denke, das Poster ist halbwegs sexy, weil man nun mal meine Titten sieht“, sagte sie 1978. „Aber letztlich steht ja mein Gesicht im Fokus.“ 1985 hatte sich ihre Meinung geändert: „Ich konnte mir damals kein objektives Bild machen, aber wenn ich es heute sehe, empfinde ich es als peinlich. Man hätte das Foto beschneiden sollen, jedenfalls würden wir das heute so machen.“

In diesem Fall verlor die Familie die Schlacht, gewann aber den Krieg: Das Foto wurde nicht, wie geplant, für das Single-Cover verwendet, sondern in letzter Minute gegen ein Bild ausgetauscht, das dem Albumcover sehr ähnlich sah, von dem aber niemand – außer der Bush-Familie – sonderlich angetan war. Es war ein orientalisch anmutendes Design in Rot und Orange – „concept by Kate Bush“.

Um ähnliche Vorfälle zu vermeiden, kam man bei EMI zur Überzeugung, dass ein professioneller Manager notwendig sei, um als Puffer zwischen den beiden Parteien zu fungieren, auch um die ständig wachsende Zahl von Anfragen nach Kate Bush zu kanalisieren. Nachdem einige bekannte Namen zur Diskussion gestanden hatten – Pink-Floyd-Manager Steve O’Rourke, der frühere Marc-Bolan-Agent Tony Howard -, entschied man sich für Peter Lyster-Todd, der ursprünglich Foto-Agent gewesen war, zuletzt aber die Gruppe Sky gemanagt hatte. Obwohl charmant, artikuliert und authentisch, war er aus Sicht der Bush-Familie nicht der Idealkandidat. „Er tauchte in einem riesigen Pelzmantel auf“, erinnerte sich Gitarrist Brian Bath. „Ich dachte: Mein Gott, wer ist das denn? Er war Showbusiness in Reinkultur. Ich hatte nicht den Eindruck, dass jemand wie er irgendeinen positiven Beitrag leisten konnte.“

Er sollte recht behalten. Die Firma Novercia Ltd. existierte zu diesem Zeitpunkt bereits und kümmerte sich, unter Anleitung von Anwalt Bernard Sheridan, um alle Verträge und Tantiemen von Kate Bush. Es war ein Familienbetrieb, und Lyster-Todd dürfte der einzige Manager in der Popgeschichte gewesen sein, der keine Einblicke in die Finanzen seiner Klientin erhielt. Letztlich waren es zwei Gedanken, die sich in den Köpfen der Bush-Familie verfestigten: Was kann ein Manager leisten, das wir nicht selbst leisten könnten? Und ein tief sitzendes Misstrauen gegen Rockmanager jeglicher Couleur. „Ich glaube, dass Manager grundsätzlich gierige Abzocker sind, die zur Musik keinen Bezug haben“, sagte Kate, kurz bevor Lyster-Todd eingestellt wurde. Um dann wenig überzeugend hinzuzufügen: „Ich glaube, dass Peter amazing sein wird.“

Ende Mai war das Kapitel bereits wieder geschlossen. „Ich war nie in der Lage, ein Vertrauensverhältnis zur Familie Bush aufzubauen“, sagt Lyster-Todd heute. „Wenn man Ideen vorschlug und sie zu realisieren versuchte – also das, was ein Manager tun sollte -, stellte man regelmäßig fest, dass sie draußen bei Bushs in Welling bei Nacht und Nebel überdacht und dann doch nie realisiert wurden. Ich hatte das Gefühl, nur bereits getroffene Entscheidungen ausführen zu dürfen. Ich möchte auf keinen Fall wie eine beleidigte Leberwurst klingen, aber letztlich gibt es keinen passenden Manager für Kate.“ Das Ende kam in Form eines Memos von Anwalt Sheridan: „Wir haben den Eindruck, dass unsere Beziehung nicht dem entspricht, was wir uns erhofft hatten.“

Ungeachtet der schmutzigen Details, ungeachtet auch der Frage, ob die Bush-Familie dabei immer den richtigen Ton traf, so steht im Rückblick doch eines fest: Die Art und Weise, wie die Familie Kates Karriere steuerte, wie sie die Tochter und Schwester abschirmte und schützte und für ihre kreative Integrität bis zum Umfallen kämpfte, erwies sich letztlich als ziemlich effizient. Vermutlich waren sie mehr als einmal ein Dorn im Auge all derer, die Kates Karriere von außen zu beeinflussen suchten, aber keine Frage: Die Taktik funktionierte. „Wir hatten keinerlei Vorkenntnisse über dieses Geschäft“, sagte John Carder Bush 2004, „sondern haben uns allein auf den gesunden Menschenverstand verlassen, auf unseren Instinkt und den unbeirrbaren Willen, uns nicht über den Tisch ziehen zu lassen. Mit der Hilfe eines couragierten Anwalts haben wir es geschafft, den Großen Paroli zu bieten.“

„Ich muss im Rückblick feststellen, dass die Familie wirklich ganze Arbeit geleistet hat“, sagt auch Schlagzeuger Charlie Morgan. „Sie trafen ihre Entscheidungen nicht nach dem Lehrbuch, aber selbst das war für Kate wahrscheinlich gut so.“

Es fällt schwer, im Popgeschäft ein anderes Beispiel zu finden, einen anderen Künstler, der seine Karriereziele vom ersten Tag an so präzise umgesetzt hat wie Kate Bush – und der dies primär für die Musik zu tun schien und nicht nur für das Ego oder das Bankkonto. Man sollte ihr auch zugutehalten, dass sie nie unrealistische Erwartungen an die Plattenfirma stellte. „Die Dinge, die normale Rockstars von uns verlangen, interessierten sie überhaupt nicht“, so Brian Southall von der EMI. „Wenn man ihr ein Auto zur Verfügung stellte, dann nutzte sie es, aber ihr war völlig egal, was für ein Auto es war. Wenn sie auf Tour ging, wünschte sie sich ein nettes Zimmer, aber es musste nicht das größte oder die Suite im Penthouse sein.“

Ego-Eskapaden und Machtdemonstrationen gehörten nie zu ihrem Repertoire. Denn Kate Bush hatte sich ganz andere Ziele gesteckt.

Dieser Textauszug stammt aus dem Buch „under the ivy – the LIFE & MUSIC of kate bush“ von Graeme Thomson, das im Mai 2010 bei Omnibus Press erschienen ist (384 Seiten, ca. 20 Euro, auch als E-Book). Eine deutsche Version der Biografie liegt leider nicht vor – dennoch gilt Thomsons Buch als bisher beste Aufarbeitung von Bushs Karriere. Die Übersetzung des hier abgedruckten Ausschnitts stammt von Bernd Gockel.

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