Sternenfänger

Der alte britische Folkheld Bert Jansch macht mit einer neuen Fan-Generation ein inniges Album

Joe Boyd, Produzentenlegende. Impresario des britischen Folk, Entdecker Nick Drakes und der Incrediblc String Band, schrieb in“White Bicycles“, seinen kürzlich erschienenen, äußerst unterhaltsamen Erinnerungen an die 6oer Jahre, Annie Briggs und Bert Jansch hätten damals die „tortured-genius category“ des British Folk repräsentiert. Als ich Bert Jansch, dem neben Davy Graham vielleicht einflussreichsten akustischen Gitarristen Großbritanniens überhaupt, die Passage vorlese, gluckst er nur kurz und murmelt: „Ich gebe dem Buch ein ‚ungenügend‘. Ich stimme keinem der beiden Statements zu.“

Davon abgesehen hat Jansch, der aufgrund seiner manchmal quälend introspektiven Performances und seiner maulfaulen, zurückgezogenen Art lange das Genie-Attribut heraufbeschwörte, sich mit seiner Vergangenheit, seinem Image und seinen Verehrern inzwischen ganz gut arrangiert. Ja, mittlerweile macht er – so scheint es jedenfalls – am liebsten mit seinen Fans Musik.

Auf den letzten Platten spielten Johnny Marr und Bernard Butler mit, dieses Mal ist eine neue Generation von Jansch-Verehrern an der Reihe. Devendra Banhart, Gallionsfigur des wundersamen Folk-Revivals, und seine Freunde, der Produzent Noah Georgeson und der Vetiver-Schlagzeuger Otto Hauser, begleiten Big Bert auf dem neuen Album „The Black Swan“.

Der Chef des Rough-Trade-Labels Geoff Travis führte Idol und Fans zusammen, als er Jansch zu einem Banhart-Auftritt ins Londoner „Astoria“ einlud. „Das war ein fantastisches Konzert“, brummelt Jansch für seine Verhältnisse schon fast enthusiastisch. „Ich habe Devendra und die Band danach gleich gefragt, ob sie bei mir mitspielen wollen. Es ist von großem Vorteil, wenn man mit Leuten arbeitet, die mit der Musik, die man macht, vertraut sind. Und sie haben ein Gespür für das, was ich zur Zeit mache.“

Und auch in Sachen Verschrobenheit steht Jansch seinen jugendlichen Kollaborateuren ins nichts nach, wie ich bemerke, als er mir den Titelsong des neuen Albums erklärt. „Der Song funktioniert auf mehreren Ebenen. Am offensichtlichsten ist wohl, dass er sich der Metapher bedient, das Leben sei eine Reise, die kreisförmig von der Geburt bis zum Tod verläuft. Wortwörtlich geht’s in dem Songum ein Raumschiff, das kontinuierlich durchs All reist und eigentlich nie anhält. Man muss ein Ticket lösen, um mitreisen zu können. Und man kann an Bord bleiben, bis man an dem Punkt angelangt ist, an dem man ausssteigen will – wo auch immer… Nun ja, im Grunde genommen eine persönliche Lebensreise, wenn man so will.“ Auch die momentane Folk-, oder vielleicht sogar Jansch-Renaissance passt für ihn in dieses zyklische Bild. „Ich nehme die Veränderungen in der Musik nicht so sehr wahr. Der Kreis scheint sich einfach irgendwie zu schließen. Nimm zum Beispiel Beth Orton, sie ist eine großartige Gitarristin, aber sie will immer wieder neue Sachen lernen. Sie kommt oft bei mir zu Hause vorbei und fragt, ob ich ihr beibringen kann, wie man dies oder das spielt. Das zeigt doch, dass auch in der Vergangenheit ein Fortschritt liegen kann, wenn man von alten Typen wie mir noch was lernen kann.“

Mit Beth Orton singt Jansch auch den schönsten Song auf „The Black Swan“: „Watch The Stars“, ein altes Traditional, das sich schon auf dem ersten Pentangle-Album „Sweet Child“ findet. „Den Song kenne ich schon mein ganzes Leben lang“, so Jansch. „Ich habe ihn, als ich 15 oder 16 wahr, bereits mit meiner damaligen Freundin gesungen. Da dachte ich, es wäre eine gute Idee, das mit Beth als Duo noch einmal zu wiederholen.“ Inniger lassen sich Vergangenheit und Gegenwart wohl nicht vereinen.

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