Stimmen gegen den alten Präsidenten

Die prinzipielle Eintracht ist groß - aber die Gründe, aus denen die "Vote For Change"-Musiker und Sympathisanten gegen Bush agitieren, sind bunt gemischt

DAVE MATTHEWS

Ich komme aus einem anderen Teil der Welt, und Amerika ist immer gut zu mir gewesen. Dieses Land verkörpert einen Traum – dass Menschen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund etwas zusammen schaffen können. Bei dieser Wahl geht es nicht nur darum, was Amerika heute ist, sondern auch darum, was es sein könnte. Als Amerikaner ist es meine Pflicht, zu sagen, was ich denke. Wenn ich mir die Welt heute anschaue, gibt es für mich keine Rechtfertigung, nicht aufzustehen und zu sagen: „Ich spüre mit jeder Faser meines Körpers, dass dieses Land einen falschen Kurs eingeschlagen hat.“

Wir brauchen einen neuen Präsidenten. Als ehemaliger Südafrikaner weiß ich, wie sehr der Rest der Welt Amerika im Moment fürchtet. Es ist, als wäre die Welt ein Zimmer, in dem sich alle aufhalten, und plötzlich kommt jemand reinspaziert, fies grinsend und bewaffnet und mit lauter Musik. So sieht uns die Welt heute. Alle schleichen auf Zehenspitzen herum und haben Angst, was dieses Land als Nächstes anstellen könnte.

NATALIE MAINES Dixie Chicks

Gebe ich Bush die Schuld, dass er sich vor Vietnam gedrückt hat? Dass sein Vater ordentlich was springen ließ, um ihn da rauszuhalten? Kein Stück. Ich würde dasselbe tun, um mein Kind zu schützen. Ist das Feigheit? Wahrscheinlich, aber ich bin selbst ein großer Feigling. Was mich ankotzt ist, wie Bush seinen gesamten Wahlkampf auf den 11. September ausrichtet, als ob dieser Tag ihm allein gehört. Ich hoffe, die Leute fallen darauf nicht rein. Bush hat uns in diesen Krieg gezogen, um seinen ganz persönlichen Rachefeldzug zu führen und um seinen Kumpels in der Ölindustrie ein fettes Geschäft zu sichern. Klar, im Irak war ein fürchterlicher Typ am Ruder, aber jetzt töten wir dort unschuldige Menschen. Wenn die Medien uns den Tod der Frauen und Kinder zeigen würden, die von unseren Bomben getroffen wurden, würde ein Aufschrei durch dieses Land gehen. Ich will, dass dieses Morden aufhört und unsere Soldaten nach Hause kommen.

CHUCK D Public Enemy

Heute ist der erste Schultag meiner Kinder. Eine geht in die elfte Klasse, die andere in die fünfte. Für die Ältere ist diese Wahl fast so etwas wie Popkultur. Vor kurzem fragte sie mich nach „Fahrenheit 9/11“ und redete darüber, als ginge es um das letzte Usher-Konzert. Dabei geht es um ihre Zukunft. Wenn ein Haufen 50- und 60-jähriger diese Welt für sie ruiniert, ist das eine ziemlich schlimme Sache. Was soll das, 20- und 30-jährige in den Krieg und in den Tod zu schicken? Die wahre Achse des Bösen sind Bush und Cheney. Durch die Invasion im Irak haben sie Amerika vom Rest der Welt isoliert. Wann immer jemand behauptet, Gott habe ihm aufgetragen, dies oder jenes zu tun, sollte man sehr, sehr misstrauisch sein, weil ich nicht glaube, dass solche Typen Gottes Handynummer besitzen.

JOHN MELLENCAMP

Diese Wahl polarisiert die Menschen, und das ist schlecht für alle. Vor kurzem habe ich „Pink Houses“ bei einem Spiel der Indianapolis Colts gespielt, und die Leute buhten. In Indiana! Da bin ich noch nie in meinem Leben ausgebuht worden.

Während des Vietnam-Kriegs konnte man den Fernsehen nicht einschalten, ohne Bilder zu sehen, die einen krank machten. Männer mit zerfetzten Beinen, Männer, die tot herumlagen. Und die Nation reagierte darauf: „Fuck this! Wir verlieren, selbst wenn wir diesen Krieg gewinnen.“ Würden die Medien so etwas heute zeigen, hätten die Menschen eine ganz andere Meinung zum Irak.

Ich fürchte, sie werden die Wehrpflicht wieder einführen. Ich habe drei Töchter, 19, 22 und 30 Jahre alt. Wenn Bush wiedergewählt wird, landen diese Mellencamps alle in der Armee.

MIKE D Beastie Boys

Bush ist für mich keine eigenständige Person. Es ist unmöglich, seine persönlichen Interessen von denen seiner Ratgeber zu unterscheiden. Will er irgendwas, das Dick Cheney und Paul Wolfowitz nicht wollen? Ich kann mich nicht erinnern, ihn jemals über etwas sprechen gehört zu haben, das irgendwie den Eindruck erweckte, direkt von ihm selbst zu kommen.

Kerry verspricht uns eine Rückkehr zu den demokratischen Grundwerten, mit denen ich aufgewachsen bin. Er steht für Chancengleichheit und Bildung und das Gesundheitswesen, das uns zusteht. Er will Wohlstand für alle Amerikaner, besonders für die Armen – und nicht nur die Pfründen der sowieso schon Reichen schützen. Er will uns wieder zu einer verantwortungsvollen und respektierten Nation machen, im Gegensatz zu dem verantwortungslosen, gewalttätigen und verhassten Grobklotz, der wir in den Augen der Welt jetzt sind. Das ist wirklich eine der größten vergebenen Chancen der Weltgeschichte, dass wir all den Goodwill der anderen Länder nach dem 11. September verschleudert haben.

MIKE MILLS R.E.M.

Die „Vote For Change“ -Tour soll die Menschen wachrütteln. Es kann sein, dass uns dabei ein paar Fans verloren gehen. Das gefällt mir nicht – mir ist es lieber, wenn Musik und Politik getrennt bleiben. Aber diese Sache ist so wichtig, dass ich über meinen Schatten springe. Wenn das ein paar Leute verärgert, muss es so sein. Denn ehrlich gesagt, ich habe richtig Angst. Im Gegensatz zu anderen politischen Themen geht es hier wirklich um Leben und Tod. Kerry sieht die Welt mit einem Blick, zu dem Bush nicht fähig ist. Als Bush das erste Mal kandidierte, wurde mir klar: Ich möchte, dass mein Präsident klüger ist als ich. Das ist alles, was ich verlange.

EDDIE VEDDER Pearl Jam

Bei der Wahl 2000 habe ich Ralph Nader unterstützt, aber dieses Mal geht es um noch mehr. Wir müssen um alles in der Welt eine neue Regierung bekommen. Alle, die letztes Mal für Ralph gestimmt haben, sollten das bedenken und am 3. November Kerry wählen. Sobald der im Amt ist, können wir zu den Idealen zurückkehren, für die wir damals gekämpft haben. Vor einem Jahr schien es noch undenkbar, Bush zu kritisieren, weil ihn der 11. September praktisch unangreifbar machte. Die Dixie Chicks und Michael Moore wurden mit Dreck beworfen, weil sie es wagten, ihre Meinung zu sagen. Heute gibt es eine ganze Wagenladung von Fakten, warum Bush gescheitert ist. Die Leute, die das schon vor einem Jahr gesagt haben, hatten Recht.

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