Stuntgitarrist, Entertainer, Zappa-Schüler: Steve Vai live in Wien – er hat Laser-Augen mitgebracht

Steve Vai, 56, blickt auf eine Karriere mit zahlreichen Höhen, einigen Tiefen und vor allem bemerkenswert vielen Noten pro Sekunde zurück. Warum es immer noch toll ist ihn live zu erleben.

Frank Zappa erfand in den 1980ern eigens für ihn die Berufsbezeichnung „Stuntgitarrist“ und nannte ihn gerne „unseren kleinen italienischen Virtuosen“. Steve Vai war damals gerade Anfang Zwanzig und nicht zuletzt dank Übungsdisziplin dazu imstande, nahezu Unmögliches scheinbar locker und unbeeindruckt zu spielen – und auch noch akkurat zu transkribieren.

Keine schlechten Voraussetzungen bei einem Bandleader wie Zappa. Vais erstes Solo-Album „Flex-Able“ (1984) machte ihn zum Gitarren-Hotshot der Stunde, mit „Passion And Warfare“ (1990) stieg er dann endgültig zum Posterboy und Vorsitzenden des Shredding-Olymps auf. Vai, heute 56, blickt auf eine Karriere mit zahlreichen Höhen, einigen Tiefen und vor allem bemerkenswert vielen Noten pro Sekunde zurück. Letztes Jahr feierte „Passion And Warfare“ sein 25-jähriges Jubiläum – die Feierlichkeiten holt Vai dieses Jahr nach: Und zwar mit einer Jubiläumsedition des Albums inklusive eines Longplayers mit unveröffentlichtem Material, welches das Bindeglied zwischen Album eins und Album zwei darstellt. Zwischen diesen beiden lagen schließlich nicht nur sechs Jahre, sondern auch höchst erfolgreiche Rockstar-Jahre mit David Lee Roth und Whitesnake. Auch wird das Jubiläum mit Konzerten gefeiert, in denen Vai und Band das gesamte Album in Originalreihenfolge performen – für ein solches Konzert gastierte Vai am 23. Juni in der Wiener Simm City.

Die Band

Vais Band ist bestens eingespielt und auf die Kernbesetzung reduziert. „Wunderwaffe“ Dave Weiner (Gitarre) ist seit Ende der 1990er Jahre mit an Bord, Bassist Philip Bynoe war bereits Mitte bis Ende der Neunziger dabei (und stieß später erneut dazu), und Jeremy Colson sitzt seit 2004 an den Drums. Die Gruppe weiß genau, wie sie ihren Frontman am besten unterstützt. Weiner hält sich dezent im Hintergrund, ebenso wie Philip Bynoe. Und Colson? Der ist ein wahrer Kraftlackel und macht mit seinem unglaublichen Kraft- und Druckaufwand Vais Band zu einem wahren Powerhouse-Quartett. Vai selbst ist trotz nicht ausverkaufter Halle scheinbar bestens gelaunt und zeigt sich einmal mehr nicht nur als Virtuose sondern auch als großer Entertainer.

Die Show

Vai weiß, was er seinen Fans für eine Show schuldig ist. Und die darf und soll auch durchaus albern und überzogen sein. Er hat eine Art Laser-Augenbrille auf und einen Umhang an, als er die Bühne betritt. Natürlich schießt er dann Laserstrahlen in die Menge, und seine Ibanez ist von blauen LEDs durchleuchtet. Man wartet eigentlich nur darauf, dass er, der alte Magier und Trickster, noch ein Kaninchen aus seiner Gitarre zaubert. „Bad Horsie“ (von „Alien Love Secrets“) macht den Anfang, Laser-Vai lässt die sechs Saiten aufheulen wie ein wildes Pferd, die Band spielt Metal. Auf „Bad Horsie“ folgen „The Crying Machine“ (vom 1996er Longplayer „Fire Garden“), „Gravity Storm“ (auf „The Story Of Light“). Danach wird das hohe Tempo erst mal gedrosselt und die Band spielt mit „Whispering A Prayer“ die erste Ballade.

Im Fellmantel in der Natur

Anschließend kommt die Band zum Hauptteil – und führt das gesamte „Passion & Warfare“-Album auf. Vai erzählt ein paar Worte dazu und eröffnet den Reigen mit der feierlich-getragenen Hymne „Liberty“. Im Hintergrund läuft die Videoaufnahme von 1992, als er das Stück gemeinsam mit Brian May und Joe Satriani erstmals live aufführte. Apropos Satriani: Bei „Answers“ wird dieser, sein Freund und früherer Gitarrenlehrer, auf die Videoleinwand „dazugeschaltet“. Satriani gratuliert zum Jubiläum und „jammt“ anschließend virtuell Seite an Seite mit Vai. Selbiges macht ein paar Songs später bei „The Audience Is Listening“ auch Dream-Theater-Gitarrist John Petrucci. Auf Yngwie wartet man leider vergebens. Auch werden auf dem LED-Bildschirm immer wieder Musikvideos von Vai gespielt – und die sind in ihrer Früh-Neunziger-Gitarrenheldenästhetik teils natürlich herrlich obskur. Im Video „For The Love Of God“ räkelt sich Vai beispielsweise im Fellmantel in der Natur, während in Videosequenzen die gesamte Menschheitsgeschichte im Zeitraffer abspielt.

Nach dem „Passion & Warfare“-Teil ist es aber noch nicht aus. Vai spielt noch einen Song von Zappa, und zwar das Stück „Stevie’s Spanking“, das der Maestro damals als Popoklaps für den damals in puncto Groupie-Sex scheinbar recht aktiven Vai geschrieben hatte. Und weil das Publikum auch gerne interagiert, holt Vai im Anschluss einen Mann und eine Frau auf die Bühne, die dann gemeinsam mit der Band einen „Song“ erarbeiten dürfen. „Racing The World“ leitet dann das Finale ein, mit der „Fire Garden Suite“ gibt es dann nach über zweieinhalb Stunden noch eine furiose Zugabe.

Am Ende hat Vai zwar kein Kaninchen aus seiner Gitarre gezaubert, aber eine kraftvolle Show und eine unterhaltsame Retrospektive abgeliefert. Mit waghalsigen Soli, Laseraugen und jeder Menge Augenzwinkern.

 

Die Setlist:

Bad Horsie
The Crying Machine
Gravity Storm
Whispering A Prayer
Liberty
Erotic Nightmares
The Animal
Answers
The Riddle
Ballerina 24/7
For The Love Of God
The Audience Is Listening
I Would Love To
Blue Powder
Greasy Kid’s Stuff
Alien Water Kiss
Sisters
Love Secrets
Stevie’s Spanking (Frank Zappa Cover)
Build Me A Song
Racing The World

Zugabe:

Fire Garden Suite

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