Tesla verkaufte wohl Millionen Autos weniger – wegen Elon Musk

Ein neuer Bericht zeigt, dass Elon Musks politische Positionierung Tesla massiv geschadet haben könnte – insbesondere bei liberalen Auto-Käufern.

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Elon Musks sehr öffentlichkeitswirksames Engagement in der amerikanischen Politik in den letzten Jahren – das darin gipfelte, dass er mehrere Monate lang als wichtiger Berater von Präsident Donald Trump fungierte – hat Tesla teuer zu stehen gekommen.

Einst eine Marke, die von Liberalen wegen ihrer angeblich umweltbewussten Elektrofahrzeuge geliebt wurde, wurde der Autohersteller zum Ziel organisierter Proteste derselben Bevölkerungsgruppe. Viele Besitzer gaben ihre Autos in Zahlung, andere brachten mit Aufklebern auf ihren Stoßstangen ihre Abneigung gegen den rechtsextremen CEO des Unternehmens zum Ausdruck:
„Ich habe das gekauft, bevor Elon verrückt geworden ist“, „Anti-Elon-Tesla-Club“ und „Elon ist doof“ sind nur einige der Slogans, die mittlerweile auf den Autobahnen des Landes zu sehen sind.

Wirtschaftliche Folgen und der „Musk-Parteieffekt“

Die finanziellen Folgen dieses Reputationsschadens sind schwer zu beziffern. Die Aktien des Unternehmens stürzten ab, während Musk als sogenannter Department of Government Efficiency (DOGE) fungierte – einem unpopulären Team, das mit der Aushöhlung von Bundesbehörden beauftragt war.

Seitdem haben sich die Aktien zwar wieder erholt, doch Tesla verzeichnete zwei Quartale in Folge Umsatzrückgänge, bevor es zuletzt wieder ein leichtes Wachstum vermeldete.

Wie viel von dieser Flaute ist auf die Abneigung der Öffentlichkeit gegenüber Musk zurückzuführen – und wie viel auf die zunehmende Konkurrenz durch andere Elektroautohersteller?

Yale-Studie: Eine Million Autos weniger durch politische Polarisierung

Ein Team von Ökonomen der Yale School of the Environment ging dieser Frage nach. Ihr Bericht, der diese Woche veröffentlicht wurde, kam zu einem eindeutigen Ergebnis:

Hätte sich Musk nicht zu einer offen und aggressiv parteiischen Persönlichkeit gewandelt, hätten die US-Verkäufe von Tesla zwischen Oktober 2022 und April 2025 um 67 bis 83 Prozent höher ausfallen können – das entspricht 1 bis 1,26 Millionen Autos.

Die Autoren verwendeten Daten auf County-Ebene zu Neuzulassungen und Parteizugehörigkeiten, um festzustellen, dass sich der Trend steigender Tesla-Verkäufe unter Demokraten im Oktober 2022 umkehrte – also genau zu dem Zeitpunkt, als Musk Twitter (jetzt X) übernahm und damit eine Ära der rechten Desinformation und des Extremismus auf der Plattform einleitete.

In republikanisch dominierten Regionen war dagegen kein Rückgang der Tesla-Verkäufe zu verzeichnen – ein Hinweis darauf, dass politische Motive eine entscheidende Rolle spielten.

Demokraten wenden sich ab – Republikaner bleiben gleichgültig

„Wir würden erwarten, dass sich der verstärkte Wettbewerb oder das Fehlen neuer Modelle auf Demokraten und Republikaner gleichermaßen auswirken sollte“, schreiben die Autoren. „Aber sie sind auseinandergegangen.“

Die Entfremdung liberaler Käufer wurde noch deutlicher, als Musk Trumps Präsidentschaftskampagne 2024 finanziell unterstützte und als Berater im Weißen Haus auftrat.

Laut Studie wären die monatlichen Verkaufszahlen im ersten Quartal 2025 ohne den sogenannten „Musk-Parteieffekt“ um etwa 150 Prozent höher gewesen – Verluste, die alle potenziellen Zugewinne bei republikanischen Käufern übertrafen.

Konkurrenz profitiert von Musks Unbeliebtheit

Zwischen 2022 und 2025 stiegen die US-Verkäufe von Elektro- und Hybridautos anderer Hersteller um etwa eine Million Fahrzeuge – nahezu identisch mit der Zahl der „fehlenden“ Tesla-Verkäufe.

Die Forscher schlussfolgern, dass Musks Unbeliebtheit den Marktanteil der Konkurrenz deutlich gestärkt habe: „Ohne den Musk-Parteieffekt wären die monatlichen Verkäufe anderer Elektro- und Hybridfahrzeuge im ersten Quartal 2025 um etwa 25 Prozent niedriger gewesen.“

Musks politische Aktivitäten hätten die Verkäufe der Konkurrenz seit Oktober 2022 um 17 bis 22 Prozent gesteigert.

Musk verliert bei Liberalen, aber Tesla bleibt mächtig

Insgesamt kamen die Forscher zu dem Schluss, dass Musks „außerschulische“ Aktivitäten als politischer Königsmacher und Regierungsmitarbeiter in der Trump-Administration drastische Auswirkungen auf Tesla hatten – insbesondere auf die Kernkundschaft aus umweltbewussten Demokrat*innen.

Trotzdem bleibt Tesla ein gigantischer Marktakteur mit einem Wert von über einer Billion Dollar – mehr als jeder andere Autohersteller der Welt.

Musk selbst verweist zunehmend darauf, dass Teslas Zukunft nicht in Autos, sondern in Künstlicher Intelligenz und humanoiden Robotern liege. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung stiegen zuletzt um 50 Prozent.

Doch auch wenn Musk sich von Autos zu verabschieden scheint, stammen Teslas Gewinne nach wie vor aus dem Fahrzeuggeschäft – jenem Segment also, das durch seine politische Polarisierung den größten Schaden genommen hat.

Miles Klee schreibt für den ROLLING STONE USA. Hier geht es zum US-Profil