Treppe zum Erfolg

Nach einem bösen Sturz entschied sich die junge Britin Kate Nash im Krankenhaus, eine Musikkarriere zu beginnen

Wir wussten von Kate Nash bislang vor allem, dass sie ihre Karriere einem gebrochenen Fuß zu verdanken hat. Nach einem verpatzten Vorsprechen in der einst von Laurence Olivier eröffneten Schauspielschule zu Bristol war die Londonerin die Treppe herunter gefallen und hatte, so geht die Geschichte, dann auf dem Krankenbett aus schierem Frust die Lieder ihres in Großbritannien bereits im August erschienenen und gleich an die Spitze der Charts gestürmten Debüts „Made Of Bricks“ geschrieben.

Ganz stimmt das nicht, sagt Kate. „Die Songs waren schon eine Weile vorher da. Viel wichtiger war, dass ich im Bett die Entscheidung getroffen habe, live aufzutreten – ich hatte ein Jahr Zeit, bis ich es in Bristol wieder versuchen konnte, und ich wollte die Zeit nutzen, um irgendetwas Kreatives zu machen.“

Die folgenden ersten Auftritte liegen jetzt gerade mal ein gutes Jahr zurück,der große Hit, „Foundations“, nur ein paar Monate. Wegen ihres starken Akzents und der alltäglichen Geschichten sieht das UK in Kate Nash eine Art weibliche Version des The Streets-Rappers Mike Skinner; auch Lily Allen, die im letzten Jahr nicht nur im UK den Durchbruch schaffte, ist ein nahe liegender Vergleich.

Mittlerweile hat Kate sich von ihrer ersten lokalen Londoner Plattenfirma Moshi Moshi Records getrennt, auf der sie ihre erste, ausschließlich auf Vinyl erhältliche Single „Caroline Is A Victim“ veröffentlicht hatte. Fiction, ein Unterlabel des Plattenmajors Universal, erhielt nun den Zuschlag, „weil die halt Knöpfe drücken können, wenn ich es brauche“. So hat sie bereits mit zig Funktionären zu Abend gegessen, einen Manager angestellt und natürlich vor allem erste Studioerfahrungen gesammelt. „Das war seltsam“, erinnert sich Nash, „ich wusste gar nicht, was ein Produzent macht. Garage Band (das Musik-Produktionsprogramm von Apple) habe ich ja schließlich selbst.“

Weil Nash dickköpfig ist, hat sich die 19-Jährige bei ihrem Debüt nicht reinreden lassen, ist dem Pop aus dem Weg gegangen und hat ein narrenfreies, zwischen akustischer Gitarre und programmiertem Ekletizismus schwankendes Album aufgenommen, das bestimmt nicht immer mit musikalischer Akkuratesse beeindruckt, dafür aber mit schön erzählten Geschichten aus dem normalen Leben Londoner Teenager. Der Freund kotzt auf die nagelneuen Turnschuhe, ein Paar flüchtet romantisch vorm Fahrkartenkontrolleur, das Mädchen Mariella klebt sich die Lippen zu. „Ich möchte eine Verbindung zu meinem Publikum herstellen“, sagt Kate, „die Songs sollen nachvollziehbar sein und ein bisschen kindisch. Auf jeden Fall müssen sie etwas schräg sein. Ich mag’s nicht, wenn alles so aufgeräumt ist.“

Das gilt allerdings nicht fürs Privatleben. Jedenfalls hat Kate Nash nicht die Skandalqualitäten ihrer Landsmännin und im weiteren Sinne Mitschülerin – beide besuchten die BRIT School for Performing Arts & Technology – Amy Winehouse. Nash macht eher einen sehr aufgeräumten Eindruck, beschreibt ihr Elternhaus als wohlbehütet (ihre Mutter, eine gebürtige Irin, ist Krankenschwester, ihr Vater Systemadministrator, ihr Bruder fotografiert) und betont den großen Stellenwert der Familie. „Ich bin mir ihrer Unterstützung sehr bewusst“, sagt sie brav, „ohne sie würde ich nicht machen können, was ich vorhabe.“ Und das ist eine intensive Auseinandersetzung mit der zufällig entstandenen Karriere. „Der Wunsch, Schauspielerin zu werden, ist nicht aus der Welt, aber ich habe mich entschieden, dieses Musik-Ding in seiner ganzen Tiefe zu erforschen und mich voll einzubringen.“ Das Fundament ist mit „Made Of Bricks“ jedenfalls gelegt.

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