RS-Reisebericht

Die Wilden und das Meer: So ist es auf der Full Metal Cruise

Unser Autor schipperte als Bordschreiber auf der Full Metal Cruise mit dem Kreuzfahrtschiff und harter Musik auf den Ohren übers Mittelmeer. Lohnt sich die Überfahrt? Hier ist sein knallhartes Urteil!

Musikalisch beginnt jede Cruise mit einer kitschigen Auslaufhymne, die den Fans allemal eine Entenpelle zaubert. „We’re living in our world of plenty/ And sail the seven seas/ We came together ­here/ To celebrate the steel …“ Usw. Danach tun sich für ein Halbstündchen die Höllenpforten auf, und ein Mann verrichtet sein akustisches Zerstörungswerk, dem selbst mancher hartgesottene, stumpfgesoffene Eisenschädel nicht gewachsen ist. Mambo Kurt orgelt sich mit seiner Bontempi-Truhe durch dumpfes Stimmungsliedgut und kommt sich dabei so cool und campy vor, dass selbst friedfertige Menschen nach etwas Großem, Schwerem Ausschau halten.

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Danach ballern Dog Eat Dog los und haben mit ihrer spröden Legierung aus Hardcore, Metal und HipHop erfreulich leichtes Spiel. Klar, alles ist besser als Kurt, aber es zeigt doch auch, dass solche Crossover-Elaborate mittlerweile selbst historisiert und kanonisiert sind und sogar von der True-Metal-Gemeinde gut gefunden werden können. Aber nach einer Weile wird Sänger John Connor doch sehr ernst und weist darauf hin, dass der glückliche Verlauf dieser Reise von einer Sache abhänge: dem schwarzen Samsonite seines Bassisten. Und das hilft, der Koffer findet sich wieder. Die Party beginnt endlich.

Die musikalische Entrückung, der viele Sprit, das beflügelt natürlich auch das libidinöse Leben auf dem Schiff. Hier herrscht Sodom und Gomorrha. Deshalb gibt „Maschine“, der Einpeitscher und MC, schon früh über Bordfunk die Losung aus: „Was auf der Cruise passiert, bleibt auf der Cruise!“ Da die Wände aus Sperrholz sind, weiß jeder, was nebenan getrieben wird. Man sitzt wirklich in einem Boot. Ich kenne sogar den Namen meines Kajüten­nachbarn. Er heißt „Geeert, ­Geeeert“.

Irgendwann fallen die Hemmungen
Irgendwann fallen die Hemmungen

Kreuzfahrt-Feeling – aber noch viel lockerer

Die obligatorische Frage lautet: Inwiefern unterscheidet sich diese Kreuzfahrt von den anderen? Es ist die Lockerheit, wird mir einhellig von der Crew beschieden. Während für gewöhnlich zehn Minuten nach dem Einchecken des ersten Gastes die Drähte des Beschwerdetelefons zu glühen beginnen, hat der Service­offizier bei der ersten Full Metal Cruise nach vier Stunden erst einmal eine Telefonüberprüfung veranlasst. Metaller sind habituelle Plebejer, selbst wenn sie als Gehirn­chirurgen arbeiten, und das äußert sich eben nicht nur in ihrer achselzuckenden Bescheidenheit, sondern auch in ihrer Freundlichkeit gegenüber dem arbeitenden Volk. Sie nehmen die ihnen gewährte Gunst nicht selbstverständlich hin, sie lächeln zurück – und fraternisieren bald, nicht zuletzt mit der Housekeeping-Crew. Dieser Kameradschaftsgeist kulminiert in einer Abschiedsfeier am vorletzten Tag, bei der die Gäste Spalier stehen (auch Bands haben sich hier eingereiht), das ­Personal abklatschen und es zum Dank für die Rundum­betreuung hochleben lassen. Maschine spricht schon mal vorauseilend von einem „sehr emotionalen Moment“, und tatsächlich wird dann die eine oder andere Träne vergossen. Hier klappt wirklich alles wie am Schnürchen.

Seite 3: Schlagseite mit Saxon und In Extremo

Giacomo Fortunato
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