Vom Paten zum Partner

Unter der Regie von Martin Scorsese ist Leonardo DiCaprio vom Teenie-Schwarm mittlerweile zum ernsthaften Schauspieler gereift.

Leonardo DiCaprio ist ein sehr ernsthafter junger Mann. Er rettet mit Al Gore die Welt vor Umweltsündern, hält die Supermodel-Amouren im einstelligen Bereich und hat es sich zur Mission gemacht, die Filmklassiker von morgen schon heute zu liefern. Entsprechend sorgsam wählt er Worte und klopft Gedanken auf ihr Potenzial zu unvorteilhaften Headlines ab. So klingt der 35-Jährige immer professionell. Und bisweilen etwas fade. Bis man ihn nach dem Status seiner Zusammenarbeit mit Martin Scorsese fragt. „Oh, darüber darf ich nicht reden“, sagt er und versucht sich ein Schmunzeln zu verkneifen, „da gelten die Regeln der Omerta.“

Dass DiCaprio das Siegel der Verschwiegenheit aus der Mafia-Terminologie bemüht, um sein enges Verhältnis zum honorigsten Regisseur Amerikas deutlich zu machen, passt in jeder Hinsicht. Auch wenn sich Scorsese schon lange nicht mehr dem italo-amerikanischen Lebensstil der „Good Fellas“ gewidmet hat und diese stärkste Phase seines Schaffens dauerhaft mit dem alten partner in crime Robert De Niro verbunden bleibt, so betrachtet er seine Filmcrews doch stets als erweiterte Familie. Er hat DiCaprio auch schon als „inoffiziellen Sohn“ bezeichnet. Dieser platzt natürlich vor Stolz und wächst unter den Fittichen des Altmeisters vor der Kamera allmählich vom Jungen zum Mann. Wie über Nacht wichen rund um den Dreh von „The Departed“ die Baseballkappe und die Baggys dem handgeschneiderten Dreireiher und einem Pfund Schmiere im zurückgekämmten Haupthaar des Mimen.

Der Psycho-Thriller „Shutter Island“, der ab dem 25. Februar in deutschen Kinos läuft, ist bereits der vierte Scorsese-Film in Folge, in dem Leo eine Hauptrolle übernommen hat. Wo er 2002 bei „Gangs Of New York“ noch vom „großen Lehrer“ sprach, ist nun vom „engen Partner“ die Rede, wenn das Gespräch auf „Marty“ kommt. Eine ideale Partnerschaft ist das. Der Regisseur hat dank seines Goldjungen keine Probleme bei der Budget-Beschaffung. Der wiederum kann sein Teenie-Schwarm-Image endgültig ablegen.

So wird man auch nie etwas anderes als tiefste, gegenseitige Respektsbekundungen hören. Es heißt zwar, dass Scorsese an Sets noch immer zu Wutattacken neige, aber DiCaprio kegelt solche Gedanken sofort zur Seite. „Er hat es gar nicht nötig, laut zu werden. Seine Anwesenheit genügt, um bei jedem Mitarbeiter dieses Fieber auszulösen, besser sein zu wollen als sonst. Und wenn ich mal wegen einer Szene anderer Meinung bin? Dann trage ich höflich und in einer ruhigen Ecke mein Anliegen vor – und lasse Marty entscheiden.“

Weitere Kooperationen sind geplant, und wenn diese Arbeitsteilung weiterhin so explosive Resultate zeitigt wie „The Departed“ oder „Shutter Island“, muss einem um Scorseses Spätwerk nicht bange sein. Auch wenn keine Nachricht so einschlug wie eine Ankündigung aus dem Herbst 2009: Als nächstes wird Martin Scorsese wieder einen Mafiafilm drehen. Mit Robert De Niro.

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