VON BRITNEY ZU MILEY

Es ist ein weiteres Kapitel in der langen „Light/Noir“-Geschichte von Los Angeles. Die helle und die dunkle Seite der Showbiz-Metropole, die unter dem Schein ihrer schimmernden Künstlichkeit immer schon für Sex-,Suff-und sonstige Skandale gestanden hat. Aktuell beschäftigen das begierige Publikum vor allem einstmals harmlose TV-Teenager, die aus dem stets sauberen und weiß gewaschenen Disney-Imperium ausbrechen. Von brav und bieder wird der Schalter auf lasziv bis verrucht umgelegt. Unter dem chauvinistischen Idiom „Slut it up“ oder „Getting Slutty“, was mit Aufschlampen nur hölzern übersetzt ist, existiert mittlerweile sogar eine Art Fachbegriff für dieses „Genre“. Ein Hollywood-Muster, das mit Britney Spears und Christina Aguilera Ende der 90er-Jahre begonnen hatte. Wurde der Imagewandel der beiden Ex-Protagonistinnen des „Mickey Mouse Club“ noch gezielt von allmächtigen Managertypen wie Lou Pearlman gesteuert, legt die 20-jährige Miley Cyrus heute großen Wert darauf, ihren eigenen Ausbruch zu inszenieren. Zur Erinnerung: Miley stand als Kleinkind zum ersten Mal mit ihrem Vater auf einer Showbühne, mit 17 (!) veröffentlichte sie ihre Biografie „Miles To Go“. Ein Jahr später begann mit dem Album „Can’t Be Tamed“ die Mutation von der püppchenhaften Hannah-Montana-Figur zum überdrehten Westcoast-Riot-Grrrl. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit, versteht sich. Ein Spiel, bei dem irgendwann der Psycho-Kollaps droht, was Britney Spears bis fast zur Selbstzerstörung hat erfahren müssen. Reichte dem Teenie-Sternchen der australischen TV-Soap „Neighbours“, Kylie Minogue, 1987 noch ein rotes Rüschenkleid mit Stretch-Oberteil, als sie zum Sixties-Hit „The Loco-Motion“ durch die Kulissen wirbelte, geht es heute vom Start weg provokanter zur Sache. Und selbst als das mackerhafte Produzententeam Stock, Aitken, Waterman (SAW) für Kileys Songs sorgte, blieb es bei Karottenjeans und komischen Hüten. Als Anfang der Neunziger die Hitmaschine stotterte, wirkte der Schritt zur kontroversen „Sex Kylie“ wie ein Befreiungsschlag. Begleitet von härteren Beats wurde Kylie zur Ikone der Hi-NRG-Clubkultur. Und so dürfen heute Selena Gomez und Venessa Hudgens, die ebenfalls gerade dem Disney-System entsprungen sind, in Harmony Korines Film „Springbreakers“ die Gratwanderung zwischen Sexparty und Absturz als verrückte Stringtanga-Mädels verkörpern. Die Moral dahinter bleibt letztlich recht konventionell: Nur wer erkennt und verarbeitet, dass der Porno-Pop-Chic ein millionenschweres Entertainment-Monstrum ist, bleibt unbeschadet. Eine erwachsen gewordene Kiley Minogue kann heute amüsiert über ihre Vermarktung als Sex-Ikone reden. Lady Gaga appelliert derweilen an das Recht auf künstlerische Freiheit für Miley Cyrus: „Lasst sie machen, was sie will! Die Zukunft wird zeigen, was alles in ihr steckt!“ Zuletzt tauchten Fotos von Terry Richardson auf, die Miley Cyrus barbusig und mit obszönen Bierdosen-Posen zeigen. Das Spiel geht weiter.

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