Was der Satan erzählt

Der Gehörnte hat ihn nicht haben wollen da unten. Er habe auf Luzifer gewartet, sagt er, doch Luzifer habe sich ihm nicht offenbart. Also ist Dave Wyndorf der Fliegende Holländer des Cyberspace geworden: Nirgendwo zu Hause, immer unterwegs, in Sci-Fi-Phantasien oder auf Amerikas Landstraßen. Und jetzt sitzt der Mann, der früher in Interviews regelmäßig halbleer gelöffelte Joghurtbecher als Medium mißbrauchte und mit Weisheiten wie „Satan is a pussy!“ erschütterte, seelenruhig im Büro seiner Plattenfirma. Sitzt da und starrt unter wirren Fusselhaaren auf Manhattans Skyline. „Weißt Du was“, sagt er, „ich würde verdammt gern auf dem Mars leben. Ist bestimmt schön ruhig da draußen.“ Dave Wyndorf, Möchtegern-Satanist und LSD-Prophet, ist schwere Kost. Genau wie die Brachial-Salven seiner Band Monster Magnet, die mit „Dopes To Infinity“ gerade ihr drittes Album vorlegen: ein „Superunknown“ für das nächste Jahrtausend, Hardcore-Grunge, mit dem sich auch noch die überübernächste Star-Trek-Generation die Mußestunden versüßen kann. Monster Magnet klingen wie zugedröhnte Pink Floyd nach einem halben Jahr gemeinsamen Seattle-Urlaub mit Black Flag. Marvel-Comics, Russ-Meyer-Filme, StarTrek und pubertäre Biker-Phantasien – das ist der Stoff, aus denen Monster Magnet ihre bizarre Rock-Welt zimmern. Unter kreischenden Feedback Gitarren hervor schreit Wyndorf Vferslein wie „When I last spoke with Satan, he told me I was gone“.

Dunkel ist der Worte Sinn. „Zu viele Comics“, sagt Dave, „und zu viele Pornos. Hauptsache zuviel.“ 1989 hat Dave Wyndorf Monster Magnet gegründet, zusammen mit „ein paar total kaputten und verwirrten Tankstellen-Gehilfen aus New Jersey“. Damals hat er zum erstenmal eine Gitarre in die Hand genommen; mittlerweile jagen einem seine bei Hendrix und Hawkwind abgeguckten Gitarren-Künste schon mal den ein oder anderen Schauer über den Rücken. Nach zwei hochgehandelten EPs, einem Album und Tourneen mit Soundgarden, White Zombie und den Ramones wechselten Monster Magnet zum Label A&M, wo sie mit „Superjudge“ (1993) ein vielversprechendes Debüt vorlegten.

Und jetzt also „Dopes To Infinity.

„Operation Verbrannte Erde“, wie Dave sagt Monster Magnet, sagt Dave, machen keine Musik nur zum Zuhören. Monster Magnet sind ein Ganzkörper-Ereignis. Vor allem das raffinierte Auf und Ab in den Songs trägt dazu bei.

Denn wenn Wyndorf eines beherrscht, dann das Spiel mit laut und leise. Es kracht und donnert und zischt und explodiert, und immer dann, wenn man glaubt, jetzt platze einem das Trommelfell („Sometimes I think my pig will just explode“, heißt dieses Gefühl im Band-Jargon), immer dann schalten sie achteinhalb Gänge zurück, und in Gehörgängen hallt nur noch eine sanft-süß gezupfte Gitarre nach. Die Bulldozer-Drums leisten stabile Bauhilfe. Noch eine rückkoppelnde Stratocaster-Soundschicht, dann ist Wyndorf hoch oben. Hängt über schwindelerregenden Abgründen, reckt sich, streckt sich, schüttelt das Haar weg vom Mund und setzt das Megaphon an: „I can take all your friends away!“, brüllt er. „Cause I’ve got mushroom clouds in my hands!“ Na also: geht doch.

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