Welterfolg mit Pixelaffen und kleinem Klempner: Nintendo wird 125 Jahre alt
Vor 125 Jahren wurde die legendäre Spieleschmiede Nintendo gegründet. Was mit Kartenspielen begann, entwickelte sich mit der Herstellung von Spielekonsolen und der Schöpfung von Spielefiguren wie Super Mario oder Donkey Kong zum Welterfolg.
Kaum zu glauben, aber wahr: Eine der erfolgreichsten und einflussreichsten Videospiele-Schmieden ist bereits 125 Jahre alt. Nintendo wurde am 23. September 1889 mit dem Ziel gegründet, so genannte japanische „Hanafuda”-Karten herzustellen. Firmenboss Fusajiro Yamauchi wollte mit hochwertigem und selbst hergestelltem Papier die Qualitätsstandards für derartige Spiele nachhaltig setzen. Obwohl sich das Geschäft nicht als großer Erfolg erwies, konnte man irgendwann auch dazu übergehen, westliche Kartenspiele herzustellen. Der Weltkonzern Nintendo war geboren.
In den 1950er-Jahren erweiterte Nintendo sein Portfolio um die Lizenzen für Disney-Produkte und stellte Karten mit Micky, Donald oder Goofy her. Was sicher keinem Erfindergeist in dem Unternehmen zu diesem Zeitpunkt für realistisch erschienen sein mag, wurde nur wenige Jahrzehnte später Realität: In Eigenregie erschaffene und mit Lizenzprodukten vermarktete Figuren wie Super Mario, Donkey Kong oder die Pokémons sollten der Disney-Maus irgendwann den Rang ablaufen. Heute kennen mehr Kinder den italienischen Klempner mit der roten Mütze als den umtriebigen Cartoon-Nager.
Die Geschichte von Nintendo ist ein ewiges Auf und Ab
Bevor Nintendo den Markt für Computerspiele durch das Nintendo Entertainment System (NES) revolutionieren sollte, verhob man sich an der Massenproduktion von Fertigreis-Produkten, Kinderwagen und Hightech-Spielzeug. Die Geschichte des Konzerns, so ist es auch noch heute, erscheint als ein ewiges wirtschaftliches Auf und Ab.
Nachdem Spieleautomaten schnell an Reiz verloren– zuvor mussten sie mit Computergeräten wie Atari oder dem Commodore64 konkurrieren –, entwickelte man im Hause Nintendo ein technisch hochwertiges und trotzdem billig zu erwerbendes Computerspielsystem für den Heimbedarf und vor allem zur Unterhaltung für die ganze Familie. Bis heute ist es eine der großen Stärken des Konzerns, nicht nur Kinder oder Jugendliche mit ihren Spielen zu begeistern, sondern auch ihre Eltern und inzwischen sogar ihre Großeltern ins Boot zu holen.
In kürzester Zeit schrieb Nintendo mit der Entwicklung des Gameboy, Kultspielen wie „Donkey Kong“, „Tetris“, „Supermario“ oder „Zelda“ und der Weiterentwicklung der Konsolen vom Supernintendo Entertainment System über das Nintendo64 bis hin zum unheimlichen Welterfolg durch die Wii Geschichte.
Die große Stärke Nintendos in der Spieleentwicklung bestand immer schon darin, sympathische Spielecharaktere zu kreieren, die zwar innerhalb der Games keine größere Charakterentwicklung durchmachen, aber großes Identifikations- und Unterhaltungspotenzial besaßen. Mal abgesehen davon, dass sich Nintendo mit seinen Spielekonsolen auch als Lizenznehmer glücklich schätzen konnte, mit exklusiven Partnern wie Rare hochwertige und noch heute spielbare Meisterwerke der Computerspielkultur herzustellen (man denke nur an „Donkey Kong Country“, „Banjo And Kazooie“ oder die „Star Fox“-Reihe), gelang es vor allem dem Spieleschöpfer Shigeru Miyamoto unvergessliche Spieleerlebnisse zu schaffen.
Super Mario und Donkey Kong haben die Welt erobert
Der berühmteste Pixelaffe der Welt, Donkey Kong, geht auf sein Konto. Mit Super Mario hatte er das Jump ‚N Run im Alleingang als Genre etabliert und mit Zelda eine Spielereihe erschaffen, die spätestens mit seinem Opus magnum „Zelda – Ocarina Of Time“ – noch heute eines der komplexesten und aufregendsten Spiele, das jemals produziert worden ist – als Beispiel dafür einsteht, wie Adventures als Amalgam aus Erzählung, Jump-Ánd-Run-Elementen und Knobeleien funktionieren können.
Einer der Höhepunkte im Miyamotos und Nintendos Schaffen ist sicher auch „Super Mario Kart“. Der Rennspaß, der die beliebtesten Figuren aus dem Universum der Japaner vereinte und später um einige andere skurrile Charaktere erweiterte, ist noch heute als Mehrspieler-Game unschlagbar. Eine denkbar einfache Steuerung, liebevoll animierte Hintergründe, ein herzerwärmender, abwechslungsreicher (Midi-)Soundtrack und ein nicht zu unterschätzender und Langzeitspaß fördernder knackiger Schwierigkeitsgrad machen das Spiel auch in der inzwischen achten Auflage zu einem der Computerspiele, auf die sich eigentlich alle einigen können. Obwohl der erste Teil der Kartserie bereits 22 Jahre auf dem ölverschmierten Buckel hat, spielt er sich trotz seiner im Vergleich zu den Nachfolgern vermeintlich simplen Ausstattung immer noch hervorragend.
Als erste Computerkonsole für die Masse schaffte es dann das Nintendo64 im Grunde stufenlose Bewegungen im dreidimensionalen Raum zu ermöglichen. Die Freiheiten, die sich dadurch zum Beispiel für ein Jump ‚N Run ergeben, nutzte ein Spiel wie „Super Mario 64“ auf eindrucksvolle Weise. Auch die faszinierende Ergonomie des Konsolen-Controllers, der je nach Spielart anders gehandhabt werden konnte, war ein Triumph.
Erfolg mit Mehrspielerspaß
Getoppt wurde der Erfolg aber durch die Etablierung der Wii: Die Konsole, mit der es zum ersten Mal möglich war, Bewegungen vor dem Bildschirm als Aufforderung ins Spiel zu integrieren, führte dazu, dass Millionen von Menschen vor ihrem Fernseher tanzten, kickboxten, Tennisspiele simulierten oder imaginierte Schwerter zückten. Sony und Microsoft (Move, Kinnect) evolutionierten diese Technik mit leistungsstarken Kameras, konnten ihr aber keine neuen Spieledimensionen hinzufügen.
Obwohl Nintendo damit auf dem Gipfelpunkt des Erfolges angekommen war (mehr als 100 Millionen Einheiten konnten bis heute an Kind und Mann und Frau gebracht werden), hatte man sich mit einer neuen Spielestrategie, die den Interessen von Gelegenheits- und Partyspielern entgegenkam, von den eigenen Ursprüngen leicht entfernt. In fast jedem Kinderzimmer stand nun – auch neben anderen Konsolen – eine Wii. Und trotzdem wollten die Spieler immer weniger Anteil nehmen an den Computerspielen, die Nintendo bereitstellte. Die Grafik war für viele Nintendo-Fans erster Stunde eine Enttäuschung und das Spieleerlebnis schien im Vergleich zu kreativen, anspruchsvollen Titeln für die Playstation und die XBox, zumal im Bereich der erwachsenen serious games, eine Enttäuschung zu sein. Man hatte sich im Grunde durch eigene Innovationskraft und eine frische Idee selbst geschwächt.
Der Videospielemarkt hat sich verändert
Hinzu kam eine generelle Entwicklung des Marktes, auf die der japanische Spielekonzern noch keine Antwort gefunden hat: Seit Smartphones die Welt erobern und mit vergleichsweise simplen Spielen wie „Farmville“ oder „Candy Crush Saga“ Millionen von Handynutzern von den Konsolen abziehen, verkaufen sich auch die Nintendo-Spiele deutlich schlechter. Die Wii U, als Nachfolger der Wii Ende 2012 eingeführt, sollte das Konzept des Mitmachspielens noch einmal verfeinern, doch relevante Spiele, die allein die Anschaffung des Spielesystems rechtfertigen würden, gab es in den letzten Jahren nicht zu entdecken. Zudem trifft Nintendo auch der Fluch der Beliebtheit seiner eigenen Spielereihen. Sicher fahren auch noch neuartige und kreative Auskopplungen von Mario-Abenteuern oder Kartrennen Erfolge ein, doch sie ziehen nur selten eine neue Spielegeneration heran. Aus vielen Gründen erwies sich die Wii U deshalb als Flop.
Das wiegt umso schwerer, als dass sich auch die mit großem finanziellen Aufwand produzierte 3D-Version des Game Boys nur als Teilerfolg entpuppte. Vielen Spielern gefiel der augenbelastende Handheld nicht – oder sie wollten für die kleine Hightech-Konsole nicht so viel Geld ausgeben.
Aber die Geschichte von Nintendo, das sei zur Erinnerung noch einmal erwähnt, ist ja ohne das ständige Auf und Ab nicht zu denken. Und so ist es nicht unwahrscheinlich, dass ein japanischer Spieleentwickler gerade dabei ist, mit einem bisher noch belächelten Spielekonzept und einer vielleicht ungewöhnlichen Figur zukünftige Spielegenerationen zu fesseln.