Wen interessiert schon Drum n‘ Bass: Unbeirrt brillant gaben KRAFTWERK nach fünfjähriger Pause wieder ein Konzert

Die Repetiermaschinen der Rock-Journaille tickerten die Saga vom Comeback der Mensch-Maschinen eilfertig um den Globus. Schreiber spekulierten sich doll 8L dusselig ob einer neuen Platte von Kraftwerk – doch wann, wie und ob überhaupt noch dieses Jahr, daß wußte ernsthaft keiner. Jahrelang kein Beep um und von Kraftwerk und nun dies nervöse Brodeln in den diversen Gerüchteküchen. Ralf Hütter und Florian Schneider, die masters of ceremony jener elektronischen Pop-Art des ausgehenden Jahrhunderts, meistgesampelt auf HipHop-Platten und Miterfinder von Techno, konnten sich in ihren Düsseldorfer Küngklang Studios entspannt zurücklehnen. Sie hatten nur einen einzigen Live-Auftritt für dieses Jahr angekündigt…

Daß Kraftwerk nach fünf Jahren Bühnenpause wieder live zu erleben waren, ist einer finanziell klammen Gräfin im grünen Luton, 30 Kilometer nördlich von London, zu verdanken, die ihr Land für Konzerte vermietet. So kam „Tribal Gathering“, die Zentralkundgebung des Planeten Dance mit 100 DJs und Bands (darunter Daft Punk, Roni Size, DJ Shadow) nach Luton. Und Kraftwerk ab Wunschbesetzung gleich mit.

Eines vorweg; Nach dem Auftritt von Hütter, Schneider, Hilpert und Schmitz, der jetztigen Kraftwerk-Besetzung, ist keiner schlauer als zuvor. Kraftwerk ’97 arbeiteten weitgehend mit den remixten Versionen der Hits von 1991, um einige neue Video-Sequenzen bereichert und mit stoischer Perfektion aus dem Roncalli-haften Sternenzelt in die kalte Mainacht katapultiert: „Mensch Maschine“, „Taschenrechner“, „Trans Europa Express“, „Roboter“ und „Musik Non Stop“ zum Finale – konsequent im Alleingang von den Maschinen gespielt, als die Musiker die Bühne bereits verlassen hatten. „Boing boom tschak“: Die Sounds der Zukunft gehören euch, Kids.

Bei „Autobahn“ lief das Spiel andersherum: Vorwärts in die Vergangenheit Hinter den vier Männer an den vier Schaltstationen flimmern auf vier Videoleinwänden, wie von ächzenden Kulissenschiebern von einer Seite zur anderen bewegt, Bilder von deutschem Beton aus den eben nicht guten alten 50er Jahren. Tanzt den Wiederaufbau, Kinder. Immer schön seitwärts: Kraftwerk spielten nicht hinter oder vor der aktuellen Dance-Szene, sondern nebenan. Ein Drum’nTBass-Outfit hätte sie zur delirierenden Komiker-Bande werden lassen, die Popkultur als Supermarkt nach Novitäten durchstöbert Kraftwerk haben die Zukunft inszeniert, als das Rock-Establishment sie noch haßte, und sich daher in den Neunzigern quasi selbst abgeschafft. Ein neuer Song, auf den keiner mehr zu hoffen wagte und der noch keinen Titel hat, schippert mit House-Beats zu den typischen Melodie-Fragmenten immerhin elegant auf Höhe der Zeit Die jungen Besucher urteilten: „Fuckin‘ brilliant.“

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