Winnetou-Debatte: „Hitler und Himmler waren große Karl-May-Fans“

Hamburger Kolonialismus-Forscher versenkt Karl May und sagt: „Hitler war nicht zufällig ein Fan"

Im Zuge der laufenden Debatte über das Lebenswerk des Dresden-Radebeuler Volksschriftstellers Karl May im Allgemeinen, und den Apachen-Häuptling Winnetou im Speziellen, hat der Hamburger Kolonialforscher Jürgen Zimmerer betont, dass Adolf Hitler ein großer May-Anhänger gewesen sei.

Das Werk von May wäre in seiner „DNA rassistisch“, so Zimmerer. Die umfangreiche Bücherserie hätte dereinst zur „literarischen Erfahrung“ der Nazis gehört. Insgesamt vermittle Mays Opus eine „weiße, deutsche Überlegenheit“. Nicht von ungefähr wären Adolf Hitler und seine obersten Parteigenossen Fans der herbei imaginierten Abenteuer-Stories von May gewesen.

Seine zentrale Aussage: „Es ist kein Zufall, dass Adolf Hitler und SS-Chef Himmler große Karl-May-Fans waren. Teile ihrer Ostbesatzungspolitik, die Vorstellung, wie dort deutsche Kolonialist*innen angesiedelt werden, orientiert sich an Vorstellungen von der ‚Eroberung des Wilden Westens‘, wie sie sie aus den Büchern Karl Mays entnommen haben. Das ist eingeschrieben in das Werk von Karl May. Das ändert nichts an seiner Person.“

„Eigentlich dürfte es diese Debatte gar nicht geben, es ist ja alles klar“:

Der 57-jährige Professor gilt als Experte für die Aufarbeitung deutscher Kolonialverbrechen. Im über Twitter und allen anderen Mediensorten geführten Winnetou-Battle sagte Zimmerer nun dem Bayrischen Rundfunk (BR):

„Als ich über [den Mediziner und Nobelpreisträger] Robert Koch als Kolonialisten geschrieben habe, war es deutlich heftiger. Aber auffallend ist die Intensität der Debatte, die Reichweite. Wenn man sich überlegt, was ist passiert? Ein Verlag hat eingesehen, dass er eine unternehmerische Fehlentscheidung getroffen hat, dass er Kinderbücher nicht rausbringt. Wie das dann explodiert ist, das ist ungewöhnlich, dass so viele Leute darauf reagieren. Eigentlich dürfte es diese Debatte gar nicht geben, es ist ja alles klar.“

Zimmerer erinnert an den Filmstart von „Der Junge Häuptling Winnetou“ und die Ruckzugs-Aktion des Ravensburger Verlages, der seine Begleitmedien offiziell vom Markt genommen hatte. Im Kern seiner Expertise wendet sich Zimmerer komplett gegen alles, was Karl May über die fiktiven Figuren Winnetou, Old Shatterhand und das Orient-Pendant Kara Ben Nemsi geschrieben hat.

Das retrospektive Lesen von Mays Werk wäre eine „deutliche Enttäuschung, nach dem Motto, wie konnte ich in meiner Jugend begeistert sein und das nicht merken, den Antisemitismus, den Rassismus in den Werken. Von der Frauenfeindlichkeit ganz zu schweigen. Ginge es um Inhalte, könnte ich nicht verstehen, wie das ein demokratischer Politiker jemals verteidigen kann. Es geht natürlich nicht um Inhalte, sondern um weiße Identitätspolitik.“

Leute, die Karl May verteidigten, würden damit im Grunde die „gute, alte Gesellschaft“ in Schutz nehmen: „Als die Ehe noch eine ‚richtige‘ Ehe war. Es ist eine Zurückweisung der Zumutungen einer in jeder Hinsicht diverseren Gesellschaft.“

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