Wo bitte geht’s hier zur Front? – In Hollywood rüstet man sich schon für die Rückkehr des Kriegsfilms

Ihr werdet euer persönliches Vietnam erleben!“, tönt der Regisseur. Ersteht mit seinen fünf Stars in Kampfmontur auf einer Lichtung im Dschungel, das Dickicht ist mit Spezialeffekten vermint, Kameras hängen in den Bäumen. Seine flammende Ansprache soll die animalischen Instinkte in den gelangweilten, verwöhnten Schauspielern wecken. Er will Improvisation und echte Emotionen sehen. Schweiß und Blut im Dogma-Stil drehen. Doch bevor er “ Action!“ rufen kann, verabschiedet er sich unfreiwillig mit einem der witzigsten Knalleffekte des Kinos, der noch lange nachhallt. „Tropic Thunder“ (Start 18.9.) von und mit Ben Stiller nimmt den Kriegsfilm ins Visier und Hollywood aufs Korn, das das älteste Genre der Filmgeschichte seit 9/11 und dem Irak-Krieg eingestampft hatte. Der Heroismus von „Top Gun“, ein Spielplatz für coole Jungs, war noch vor kurzem in den Filmstudios ebenso undenkbar wie die schonungslosen Gemetzel in „Der Soldat James Ryan“, „The Thin Red Line“, „Black Hawk Down“ oder „Wir waren Helden“, die noch knapp vor der Ära Bush und seinem Feldzug gegen den Terror entstanden waren. In „Jarhead“ fällt 2005 nicht ein Schuss. Stellvertretend zogen Superhelden, Fantasywesen und Roboter aus dem All in die Schlacht. Und über Krieg zu lachen war ohnehin tabu.

Die Front bröckelt nun, nachdem schon die Dramen „Von Löwen und Lämmern“

oder „Im Tal von Elah“ das Trauma des Krieges und die Irrwege amerikanischer Politik thematisiert haben. Die Polit-Satire „Der Krieg des Charlie Wilson“, ja selbst der Nahost-Klamauk „Leg dich nicht mit Zohan an“ beleuchten die Ironie hinter den Konflikten, während Actionfilme wie „Operation: Kingdom“ und „John Rambo“ die Rückkehr des klassischen Kriegskinos vorbereiten. Nach dem Abgang von Bush wird Hollywood wohl wieder seine Truppen ausrücken lassen. Afghanistan und Irak liefern genügend Stoff für neue Werke.

Kriegsfilme waren immer umstritten. „Die durch die Hölle gehen“ löste 1979 auf der Berlinale sogar eine diplomatische Krise aus. So bleiben auch Anti-Kriegsfilme ein Widerspruch, weil sie trotz Kritik in der Brutalität der Bilder ein spekulatives Moment transportieren. Aber gerade deshalb haben sie das Kino beeinflusst wie kein anderes Genre. Von „Apocalypse Now“, „Platoon“. „Full Metal Jacket“ hat fast jeder zumindest gehört. Alle großen Schauspieler haben mal in einem Kriegsfilm mitgewirkt, viele der besten Regisseure einen gedreht. Mit am nachhaltigsten allerdings prägte „Rambo“ als gedrillte und vor Adrenalin strotzende Tötungsmaschine unseren Blick. Sein Kämpferherz ist rein, aber in seinem Kopf führt er einen nie endenden Krieg, obwohl er einfach nur aufhören möchte. Er vereint alle Insignien des Krieges: Pathos, Ehre, Leid, Gewalt, Wut, Trauma, Ideologie.

Was der einsame Einzelkämpfer auslösen kann, zeigt der Brite Garth Jennings gefühlvoll und gewitzt in „Der Sohn von Rambow“ (Start 28.8.). Der elfjährige Will (Bill Miner) wächst bei seiner Mutter in einer puritanischen Glaubensgemeinschaft auf. Er kennt kein Fernsehen und muss selbst im Schulunterricht vor der Tür, wenn ein Dokumentarfilm vorgeführt wird. Sein Erweckungserlebnis hat der schmale Bub. als er bei dem Rabauken Lee (Will Poulter) zufällig eine Raubkopie von „First Blood“ sieht. Beflügelt von der rauen Energie des Streifens, dreht Will vor Lees Videokamera mit übermütigen Stunts eine eigene Version nach, in der er seinen Vater befreien will. Die Fantasie, entwaffnende Naivität und schwierige Blutsbrüderschaft der Jungs ergeben ein mitreißendes Abenteuer, das manche an die eigene Kindheit erinnern wird.

Um Charakterbildung und Kameradschaft geht es auch bei „Tropic Thunder“. Die Diven aus Hollywood, darunter Robert Downey jr. als eingebildeter Oscar-Preisträger in der Rolle eines Afroamerikaners und Jack Black als koksende Schwuchtel, verirren sich im vietnamesischen Dschungel, geraten an eine Drogenbande und verlieren dabei ihre Eitelkeiten. Sehr albern, aber nie zu zotig verbindet Stiller respektlose Gags über die Allüren der Stars, Seitenhiebe auf die Mechanismen im Filmgeschäft und pointierte Zitate zu einer Persiflage, die man mit gutem Gewissen bombig nennen kann.

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