Xavier Naidoo will seiner Heimatstadt mehr Ansehen verschaffen und hat dafür ein Plattenlabel gegründet

Ganz und gar von dieser Welt sind die Pläne, die Xavier Naidoo seit Juli in die Tat umsetzt Seitdem ist der ehemalige Disco-Türsteher Unternehmer – alleiniger geschäftsführender Gesellschafter der Söhne Mannheims GmbH. Das ist bisher primär ein Label, das Platten produzieren, herstellen, vermarkten und vertreiben will. Im Mannheimer Stadtteil Kafertal wird nun geklotzt: Auf 400 Quadratmetern entstehen zur Zeit Geschäftsräume und zwei Tonstudios, in denen auch Filmmusiken und andere Auftragsproduktionen abgewickelt werden sollen. Die Firma tritt auch als Konzertveranstalter auf- als Feuertaufe organisieren Naidoos Getreue ein 3p-Open-Air mit ihrem Boss, Illmatic und Bruda Sven am 4. September in Mannheim.

Den Heimvorteil des Festivals nutzt das Bandprojekt Söhne Mannheims (SM), bei der Naidoo als einer von mehreren Sängern deutschsprachigen Soul in neue Formen zwischen Hip-Hop, R&B und Drum&Bass gießt, für ihren ersten großen Live-Auftritt. Die erste Studio-Produktion des Naidoo-Labels wird dann auch „Zion“, die Debütplatte der Söhne Mannheims sein. Für Dezember ist die erste Single-Auskopplung geplant, der Longplayer soll Anfang 2000 erscheinen. Außer dem platinüberhäuften Zugpferd gehören der Sänger Rolf Stahlhofen, DJ Spliff, sowie der Komponist, Keyboarder und Produzent Michael Herberger zur Kernbesetzung.

Rauhe Demo-Versionen gewichtiger Balladen wie „Volle Kraft voraus“ entstehen noch vorwiegend im Studio von Edo Zanki. Neben den wohl unvermeidlichen Rap-Duftmarken von Moses Pelham samt Labelkollegen hat auch „funky Zanki“ die Stimmbänder mit im SpieL Eine definitve Besetzung werden die Söhne Mannheims ohnehin nicht haben: „Es ist ein schöner Gedanke, dass ja die Jungs im Prinzip auch ohne mich auftreten könnten“, erläutert Naidoo das Mannheimer Rotationsprinzip. – Wäre das Projekt auch offen für fantastische Erbfeinde wie Smudo oder Thomas D? „Klar, warum denn wohl nicht?“

Ob der glühende Lokalpatriot („Ich bin der Neger aus Kurpfalz“) mit seinem Unternehmen in die Fußstapfen von Mannheims berühmtesten Sohn, einem gewissen Carl Benz, treten kann, bleibt abzuwarten: „Als Künstler liegt mein Talent auch nicht unbedingt darin, Geschäfte zu machen. Aber wir wissen, dass wir es schaffen“, erklärt Naidoo. Das SM-Label besteht ansonsten aus aus einer Clique handfester „Mannemer Buwe“, die dem eigenwilligen Bibel-Exegeten Naidoo hilft, trotz kommerzieller und spiritueller Höhenflüge nicht die Bodenhaftung zu verlieren.

„Natürlich will ich Milliardär werden“, beteuert der Vater der Söhne Mannheims offenherzig – schon um den Schuldenberg seiner Geburtsstadt abzutragen. Schließlich wäre er ja auch „extrem fertig gewesen“, wenn er von seinem Album „Nicht von dieser Welt“ weniger als 880.000 Exemplare abgesetzt hätte. Nach über einem Jahr in der Spitze der Charts steht das erfolgreichste deutschsprachige Pop-Debüt aller Zeiten kurz vor der Millionengrenze. Trotz aller Ambitionen will es der ehemalige regionale Musical-Star (über 100 000 Zuschauer mit „Human Pacific“) ruhig angehen lassen: „Meine Vision ist, dass wir allen Finnen zeigen, dass es auch ohne die ganze Anmache und den totalen Stress abgehen kann. Sobald ich mitkriege, dass sich einer meiner Leute überarbeitet, seine Familie und Freunde nicht mehr sieht, schlepp ich ihn an den Haaren raus – zu einem Ausflug in die Alpen oder so.“

Gerüchte über einen Bruch mit seinem bisherigen Label 3p nach dem Sprung in die Selbstständigkeit verweist Naidoo ins Reich der Boulevard-Fabeln: „Unter bestimmten Voraussetzungen wären wir bei ihnen geblieben, aber jetzt sehen wir, dass beides geht: Ich weiterhin als Solo-Künstler bei 3p und die Söhne Mannheims, mit denen ich mir meine eigenen Sporen verdiene.“ Zu Pelham Power Productions hat der 27-jährige immer noch einen guten Draht: „Ich bin seit ’93 mit Moses und Co. zusammen – obwohl mir viele gesagt haben: ‚Geh bloß von dem schwarzen Frankfurter weg.‘ Aber ich glaub an 3p und habe Moses gesagt, dass wir auch antreten, um für ihn den Vertrieb zu machen.“

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