Yoko Ono zum 90. Geburtstag: Lasst zwei Millionen Wünsche blühen!

Zum ihrem 90. Geburtstag feiert Sohn Sean ihren legendären „Wish Tree“ - mit einer virtuellen Installation im Internet

Am morgigen Samstag, den 18. Februar 2023, feiert die japanische Fluxus-Künstlerin und Avantgarde-Musikerin Yoko Ono ihren 90. Geburtstag.

Wir erinnern uns spontan an das Foto von Yoko und John Lennon auf einem Bett in ihrer Wohnung im „The Dakota“ an der New Yorker Upper West Side. Dieses wurde von Annie Leibovitz am 8. Dezember 1980 aufgenommen. Stunden später erschoss ein geistesgestörter Fan Lennon unmittelbar vor dem imposanten Backstein-Gebäude.

Annie Leibovitz signiert das weltberühmte Coverfoto des ROLLING STONE

Die am 22. Januar 1981 erschienene Ausgabe des amerikanischen Rolling Stone mit diesem „Bett-Bild“ auf der Titelseite sollte zur Ikone der Rockmusik-Fotografie werden. Dabei war diese Aufnahme in der RS-Redaktion intern lange Zeit umstritten. Es war Lennon höchstpersönlich, der darauf bestand, dass auch Yoko auf dem RS-Titel zu sehen ist. Sonst gäbe es eben weder Story noch Einzelportrait.

In einer Vorab-Huldigung zum 90. Geburtstag thematisiert das lokale Midtown-Manhattan-Magazin „Chelsea News“ eben auch negative Vibes, die Ono stets umgeben hätten:

„Sicher, Yoko ist nicht jedermanns Sache. Ihre schrille, kreischende Stimme hat viele Zuhörer abgeschreckt. Ihre experimentellen Kunstwerke und Filme wurden gleichermaßen verspottet wie bewundert. Und viele Beatles-Fanatiker sind bis heute (fälschlicherweise) wütend darüber, dass sie angeblich im Alleingang die größte Rock’n’Roll-Band der Welt gesprengt hat.“

>>>Die schönsten Bilder von Yoko Ono (auch ohne John Lennon)

Hand aufs Herz: Yoko hat – zurecht oder zu Unrecht – einen schlechten Ruf.

In den Flower-Power-Sixties betrat sie die Bühne der Popkultur, als die Bankiers-Tochter aus Tokio und John Lennon sich verliebten. Das Paar hielt sich nicht lange im Swingin‘ London auf. Sie wählten ein neutrales, weltläufiges Terrain: New York. Der „Big Apple“ sollte für über ein Jahrzehnt zur Spiel- und Arbeitswiese des exzentrischen Duos werden.

Yoko Ono, London 1968. (Photo by Andrew Maclear/Getty Images)

Dazu noch ein Zitat aus der „Chelsea News“: „Yoko hat eine der am meisten geschätzten Eigenschaften unserer Stadt verkörpert: Chuzpe!“

Das Magazin erinnert an das experimentelle Album „Two Virgins“ vom November 1968, das vor allem wegen der Nackt-Pose auf dem Cover weltberühmt wurde. Dazu kommt noch das besagte Annie-Leibovitz-Cover für den US-ROLLING-STONE, das nur wenige Stunden vor Lennons Ermordung durch einen geistesgestörten Fan entstand, als ein nackter Lennon sich um eine bekleidete Yoko gewickelt hatte.

Yoko bot Hintergrund-Berichten zufolge an, ihr Oberteil auszuziehen. Während der Session entschließt sich das Leibovitz-Team sie vollständig bekleidet zu fotografieren. Die „American Society of Magazine Editors“ bezeichnet die Aufnahme im Jahr 2005 als das „ikonischste Zeitschriftencover der letzten 40 Jahre“.

In der US-Kritik kann man sich auf den Begriff „Wertschätzung“ einigen, wenn es um die Bewertung ihre Ouevres geht. Wiederum ein Verweis auf ihre „New Yorker Eigenschaften“: Individualität, Unverschämtheit, Provokation. Yoko blieb auch nach dem schrecklichen Tod von John Lennon „dabei“. Als kämpferische Künstlerin, deren Wurzeln klar im Rebellen-Geist der späten Sechziger liegen. Das Diktum von „sie war ihrer Zeit voraus war“ trifft auf Yoko absolut zu. Eine Prophetin, die konservativen Classic-Rock-Fans schlichtweg auf den Keks ging – und geht.

John Lennon und Yoko Yoko beim Rolling Stones Rock and Roll Circus, London 1968. (Photo by Andrew Maclear/Getty Images)

Wäre sie anderthalb Jahrzehnte später aufgetaucht – als Patti Smith und Debbie Harry und viele andere gleichermaßen die Punk-Ära und die Kunst-Szenerie aufmischten – hätte man ihr Werk womöglich anders eingeschätzt. Als sie gemeinsam mit John Lennon im Jahr 1980 gemeinsam am Comeback-Album „Double Fantasy“ arbeitet, bemerkt der Sohn Liverpools nicht ohne Stolz, dass schwer angesagte New-Wave-Bands wie etwa die B-52s auf Yokos frühe Werke aufsetzt. Dabei bezieht sich der Ehegatte auf ihren schrillen Gesangs- und ihren eigenwilligen „Wailing“-Stil. Grundsätzlich gesprochen, geht es (auch) um ihr trotziges Auftreten, mit bahnbrechendem Charakter.

An diesem Wochenende wird sicherlich Erinnerungskultur von Tokio bis Tuttlingen gepflegt. „The Ballad of John and Yoko“ wird zum x-ten Male nacherzählt: Demnach lernte Yoko ihren John exakt am 9. November 1966 in London kennen.

Am Abend ihrer Kunst-Ausstellung in der britischen Hauptstadt. Lennon war soeben nach seinem Sechswochen-Dreh als Schauspieler im Antikriegsfilm „How I Won the War“ zurückgekehrt. Auf der Suche nach An- und Aufregung. Bekanntlich hatten The Beatles am 29. August 1966 in San Francisco ihre US-Tournee beendet. Der sich als vorerst letzter Live-Auftritt ihrer Karriere erweisen sollte. Was folgten sollte, war das Konzeptalbum „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“.

John und Yoko verbindet eine einzigartige Künstler-/Künstlerinnen-Magie. Lennon als Beat-, Pilzkopf- und Rock’n’Roll-Superstar. In der berühmtesten Band der Welt. Yoko als „big name“ in der Underground-Kunstwelt.

Es wird kolportiert, dass John im Februar/März 1968 mit den Beatles in Indien meditierte, und er dabei ständig an sie gedacht haben soll. Als Zeuge dafür gilt der Song „I’m So Tired“, in dem es heißt: „I’m going insane, you know/I’d give you everything I’ve got/For a little peace of mind.“

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Das Datum ihrer festlich-hippieesken Heirat ist der 20. März 1969. John zog zwar für etwa 16 Monate allein nach Los Angeles. Dennoch galten die beiden selbst im knallharten UK-Boulevard als „unzertrennlich“.

John Lennon war auf der Suche, und Yoko Ono öffnete ihm Türen in den Underground. Kunst und Popmusik verschränkten sich. Das erste Studioalbum, an dem John und Yoko nach ihrer Ankunft in Manhattan gemeinsam im Jahr 1972 veröffentlichen, heißt „Sometime in New York City“. Darauf findet sich Lennons unvergessene Liebeserklärung „Que pasa New York, Que pasa, New York?“. Ohne Yoko kein „neuer Lennon“.

In den langen Jahrzehnten danach ist Yoko Ono weltweit „am Ball“ geblieben. Gleichermaßen Avantgarde-musikalisch wie Konzept-künstlerisch. Eine neue Website, erstellt vom gemeinsamen Sohn Sean Ono Lennon würdigt Yokos „Wunschbaum“-Konzept von 1996. Nun können Menschen ihre Wünsche online posten – und somit auch die Anzahl der weltweit gepflanzten Bäume erhöhen.

Die Aktion wird gemeinsam mit der NGO „One Tree Planted“ – zu Yokos Ehren – realisiert. Seit der analogen Version von 1996 hat Yoko fast zwei Millionen Wünsche in mehr als 200 „physischen Installationen“ des Wunschbaums in über 35 Ländern gesammelt.

Die Website wird zu ihrem morgigen Geburtstag freigeschaltet, unter www.wishtreeforyokoono.com.

In ihrer ursprünglichen Gebrauchsanleitung für den Wunschbaum Nummer Eins schrieb Yoko seinerzeit:

„Make a wish
Write it down on a piece of paper
Fold it and tie it around a branch of a Wish Tree.
Ask your friend to do the same.
Keep Wishing
Until the branches are covered with wishes…“

Logan Fazio Getty Images
Andrew Maclear Andrew Maclear
Andrew Maclear Andrew Maclear / Getty Images
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