Young Marble Giants – Berlin, Hebbel Theater Haus 2

Eine einmalige Wiedervereinigung unerwarteter Art

Der Ort, einst Domizil der Schaubühne am Halleschen Ufer, hätte kulturträchtiger kaum sein können. Nun trugen die Bretter, die Peter Stein und seinem Ensemble die Welt bedeuteten, ein übersichtliches Arsenal von Amps und Instrumenten. Und eine Gruppe von gelegentlichen Musikern aus Cardiff, die Band zu nennen etwas verwegen wäre — und deren minimaler, minimalistischer Nachlass ihr in Kreisen der Pop-Intelligenz dennoch einen Ruf eintrug, der Stuart Moxham schmunzeln macht. „Als wir damals zu Punk-Zeiten antraten“, so der Gitarrist und Organist, „haben wir uns für unsere Musik beinahe geschämt, weil sie weder laut war noch tanzbar, sondern langsam, melodisch und ruhig.“ Völlig anders mithin. Auf ein einziges Album nur, „Colossal Youth“, gründet diese Reputation stiller Neuerung, danach stellten die Young Marble Giants auch gleich ihren Live-Betrieb ein. Zwisehen 1980 und 2004 enthielt man sich desselben, erst die BBC Wales vermochte die unwahrscheinlichen Legenden noch einmal aus der Reserve zu locken. Anlass diesmal war ein Symposium titels „Dancing With Myself“, dessen Kuratoren zum Thema „Musik, Geld und Gemeinschaft nach der Digitalisierung“ Thesen erstellten, mit gesteigertem Diskurswillen zur Isolation des Individuums beim Herunterladen. Entsprechend gedankenschwer gab sich das Publikum, während die Waliser ihre Songminiaturen in den Raum stellten, den Rhythmus nicht aus der Retorte, Bass und Schlagzeug vielmehr in organischem Groove, was die Statik der Stücke entmechamsierte und wohlig ins Wanken brachte.

Zwei Songs versagten die Gefolgschaft, konnten aber im zweiten Versuch dingfest gemacht werden. Stuart Moxhams selbstironische Kommentare freilich fielen auf unfruchtbaren Boden, Alison Statton sang nicht mehr so kristallklar wie damals, indes mit fester, warmer Stimme. Und sah im knielangen, geblümten Kleid und mit Paprika um den Hals aus wie die Chiropraktikerin, die sie sonst ist. Es wurde andächtig gelauscht, am Ende gar gejubelt.

Als Zugabe gab es Wiederholungen, weil sich das Repertoire erschöpft hatte. Anders halt, immer noch.

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