ZDF unterstellt dem Kinderlied „Wer hat die Kokosnuss geklaut“ Rassismus

Die Kinderliederbücher könnten bald schmaler werden: Auch für die so genannten Klassiker „Aramsamsam“ und „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ hagelt es Kritik.

Der Instagram-Kanal von ZDFkultur „aroundtheworld“ hat mehreren Kinderliedern die Reproduktion von Klischees und Stereotypen zur Last gelegt – unter anderem wird das allseits bekannte „Wer hat die Kokosnuss geklaut“ auf den moralischen Prüfstand gestellt. Laut einer Info-Grafik enthalte das Lied „rassistische Stereotype gegen BIPoC“ und projiziere das „kolonialistische Klischee vom kriminellen und triebgesteuerten Affen“ auf Black, Indigenious and People of Color, wofür das zitierte Kürzel steht.

Grada Kilomba: „deutsches Koloniallied“

Die portugiesische Künstlerin und Psychologin Grada Kilomba hat sich in ihrem im Jahre 2008 erschienenen Buch „Plantation Memories: Episodes of Everyday Racism“ mit dem Text auseinandergesetzt. Darin bezeichnet sie „Wer hat die Kokosnuss geklaut“ als „deutsches Koloniallied“: Es transportiere Projektionen über Schwarze, etwa die „Primitivisierung“ (die Vorstellung von Afrikanern als „unzivilisiert“, wild, rückständig, naturnah) und die „Animalisierung“ (die Projektion als wildes Tier, Affe, King Kong).

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Die Kinderliederbücher könnten bald schmaler werden

In der Liste bedenklicher Kinderlieder führt das ZDF auch „Aramsamsam“, sowie „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ an. Ersteres stehe in der Kritik, weil es „als Verballhornung der arabischen Sprachen gedeutet wird“. Zudem werde die „gebetsähnliche Verbeugung während des Liedes als Ablehnung des Islam“ gewertet. Wahrscheinlich stammt das Lied ursprünglich aus Marokko: Der arabische Begriff „a rafiq“ bedeutet „der Freund“, das Wort „guli“ heißt etwa „sag’s mir“.

„Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ ist seit der Mitte des 20. Jahrhunderts im gesamten deutschen Sprachraum verbreitet und in vielen weiteren Versionen auf dem ganzen Erball geläufig. Anfangs wurden noch drei Japaner mit tiefem Streichinstrument besungen. In der Zeit des Zweiten Weltkrieges wurden sie dann durch Chinesen ersetzt, weil Hitler-Deutschland mit Japan verbündet war. Der Text werde beanstandet, weil er „antiasiatische Ressentiments“ reproduziere. Die anlasslose Polizeikontrolle werde etwa als „Racial Profiling“ und Polizeiwillkür gedeutet. Das hat Folgen: Im Mai 2016 wurde der geplante Auftritt eines Kinderchors in der ORF-Sendung „Kärnten Heute“ vom Redakteur der Sendung wegen des „politisch nicht korrekten“ Textes nicht genehmigt.

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Islam-Experte verweist auf Verhältnismäßigkeit

Der deutsch-israelische Islam-Experte Ahmad Mansour reagierte auf Twitter: „Kritik an sexistischen, homophoben, antisemitischen, deutschfeindlichen, teilweise islamistischen Liedern im Gangster-Rap ist kaum hörbar. Stattdessen an einem unschuldigen Kinderlied, in dem auch mit viel Fantasie die Anschuldigungen wirklich schwer nachvollziehbar sind“, schrieb er.

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