Zlatko & die Söhne Stammheims

Jan Eißfeldt von den Beginnern hat als JAN DELAY ein hamburgisches Dub- Reggae-Album aufgenommen und irritiert mit nostalgischen Gefühlen für die RAF

Am spitzen Kinn wuchert Flaum wie Unkraut und signalisiert bereits etwas Störrisches. Jan Eißfeldt schlurft herein, murmelt matt einen Gruß und mampft eine Banane. Zur weiten Kapuzenjacke trägt er eine Militärhose. Die übliche Kluft zwar. Doch begreift sich darin der schlaksige Rapper von der Hamburger HipHop-Band Beginner eher als urbaner Guerillero denn als cooles Großstadtkid. Unter dem Pseudonym Jan Delay hat er schon den Remix von Nenas, »Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ veröffentlicht und erscheint jetzt sein Solodebüt „Searching For The Jan Soul Rebeis“. Ein sehr schönes, genuines Reggae-Album, das sich auch an seine „HipHop Wurzeln“ hält und poppig ist. und dessen einlullende Bläser. Dub-Elemente und Rocksteady-Rhythmen einen die ätzende Kritik, berechtigten Spott und eine fragwürdige Heldenmoral fast überhören lässt.

Denn mit dem Song „Söhne Stammheims“ manifestiert er krass, dass sein Herz links schlägt, ganz links. Dort wo es im Herzen der BRD weiterhin schmerzt. „Nun kämpfen die Menschen nur noch für Hunde und Benzin/ Folgen Jürgen und Zlatko, aber nicht mehr Baader und Ensslin“, singt er – und erklärt verächtlich: „Ich kann mich nur mit sehr wenigen Gleichaltrigen über die Ereignisse von 1971 unterhalten. Die wollen lieber $ig Brother‘ gucken, neue Buffalos kaufen oder Karriere machen.“ An den Terroristen „imponiert mir, dass da welche gemerkt haben: Ey, mit Labern ändert sich nichts an dem, was uns pisst Die haben ihr Leben weg worfen für Sachen, die sie vielleicht gar nicht erlebt haben. Aber sie wussten, dass es da irgendwo Leuten scheiße geht und haben beschlossen: Wir tun jetzt was für den internationalen Weltfrieden.“ Erwidert man, die RAF habe ja Menschen ermordet, wird er argwöhnisch und ungeduldig. Das waren „nur Militärs, die sich Orden mit Massakern verdient haben, oder Alt-Nazis“, ereifert er sich wirr. Und Selbstjustiz ist für ihn, „wenn so ’n dummer ,Büd‘-Leser glaubt, er müsse mal aufräumen“.

Irgendwie ist Jan so auch der passende Gegenpol zum Deppen-Stolz und Leit-Reaktionismus. Und natürlich würde er nie jemanden abknallen:“Meine Waffe ist das Mic.“ Die hat er gar entschärft. Anwälte rieten zu Textkorrekturen, „damit ich keinen Arger kriege“.

Doch kein Terror.

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