40 Jahre „Ziggy Stardust“: Ken Scott im Interview

David Bowies "Ziggy Stardust" feiert dieses Jahr 40-jähriges Jubiläum - es erscheinen die "40th Anniversary Edition" auf CD und eine Vinyl Edition samt DVD Audio. Anlässlich des Jubiläums hat Jörn Schlüter den Mann getroffen, der im Hintergrund als Produzent Musikgeschichte geschrieben hat: Ken Scott.

Ken Scott war dabei, wenn Musikgeschichte geschrieben wurde. Als Toningenieur Koproduzent oder Produzent betreute er u. a. das „White Album“ der Beatles, „Crime Of The Century“ von Supertramp sowie diverse Werke von Kansas, America und Devo. Für David Bowie bannte er u. a. „Ziggy Stardust“ auf Tonband.

Mr Scott, was ist der größte Mythos um „Ziggy Stardust“?

Der größte Mythos ist, dass die Platte ein Konzeptalbum ist. Ist es nämlich nicht, soweit ich das beurteilen kann – jedenfalls war im Studio nie davon die Rede. Der Song „Starman“ zum Beispiel sollte doch gar nicht auf die Platte! Die Leute von RCA hörten keine Single und schickten uns nochmal ins Studio. „Round and Round“ flog raus, „Starman“ kam rein. Soviel zum Thema Konzeptalbum.

„Ziggy Stardust“ ist eines der prägenden Alben für den Glamrock. Die Drogen, das Spiel mit der sexuellen Identität: Spielte das im Studio eine Rolle?

Nein, im Studio haben wir gearbeitet. Sechs Tage die Woche, von mittags bis Mitternacht. Was außerhalb passierte, habe ich nur selten mitbekommen. Ich erinnere mich, dass David einmal einen Fanbrief an Ronno (Mick Ronson, Bowies Gitarrist) vorlas, in dem eine Person Ronno detailliert erklärte, was sie mit ihm im Bett machen würde. Ronno grinste über beide Ohren und stellte sich wohl ein supersexy Mädchen vor, bis David das Ende des Briefes vorlas: Da stand „In Liebe, dein John“! Alle außer Ronno fanden’s sehr lustig.

Sie haben mit dem Album einen stilbildenden Sound kreiert. Wieviel an einer solchen Produktion ist geplant, wieviel passiert spontan?

Es passiert praktisch alles spontan. Go in, press record, play. Wir haben die Aufnahmen ja gemacht, als das vorige Album („Hunky Dory“ von 1971) noch nicht mal erschienen war! Die Band war damals sehr gut eingespielt, jeder wusste, was zu tun war, das alles ging weitestgehend ohne Worte. Wir haben uns auch vorher keinen Plan gemacht. Nur Woody (Mick „Woody“ Woodmansey, Bowies Schlagzeuger) hatte sich beschwert, dass er seinen Sound auf der vorigen Platte zu pappig fand. Ich habe ihm am ersten Tag der Session ein Schlagzeug aus Müslikartons gebaut und Mikrophone davor gestellt.

In Ihrem in Kürze erscheinenden Buch erzählen Sie von vielen Albumproduktionen, an denen Sie beteiligt waren. Haben Sie eine Lieblingserinnerung?

Nein – alles war interessant, alles war faszinierend. Mein Problem ist eher, dass ich viele Dinge einfach nicht mehr weiß. Zum Beispiel fragen mich die Leute immer wieder, wie es war, als Eric Clapton das Solo für „While My Guitar Gently Weeps“ aufgenommen hat. Leider habe ich absolut keine Erinnerung daran! Ich habe sogar Hypnosetherapien gemacht, um an sie heranzukommen, aber es half nicht. Das ist ja schlimm, solche historischen Momente zu vergessen.

Für das Buch haben Sie einige der Künstler getroffen, mit denen Sie damals gearbeitet haben. Auch David Bowie?

Nein, David bleibt heutzutage lieber im Hintergrund. Er ist in diese neue Rolle geschlüpft. Das hat er immer getan, und er geht in diesen Rollen vollkommen auf. Leider hat die aktuelle nichts mit Musik zu tun.

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