John Lennon: Wenn ein Kinderzimmer zum Kultort wird
Im Pop-Museum „Live Odyssee" ist Liverpool jetzt in London. Lennons Schwester ledert wieder gegen Beatles-Biopic-Regisseur Sam Mendes
Die Musealisierung der Rock- und Pop-Geschichte schreitet voran. Im Umfeld der Touristenattraktion Camden Market in London hat das privat betriebene Großprojekt „Live Odyssey“ eröffnet.
Nachbildung von Lennons Kinderzimmer
Ein Multimedia-Spektakel mit Ausstellung, Live-Programm und einer Hologramm-Performance von The Libertines in den klassischen roten Uniformjacken. Fans werden auf einen Rundkurs durch sechs Jahrzehnte (britische) Musik geschickt. Von den Beatklassikern der 1960er über die Britpop-Explosion bis zu heutigen Spielarten. Ticketpreise sind, je nach Tageszeit oder Wochenende, für 25 bis 37 Pfund annonciert.
Zu einem Highlight dieser Schau soll eine spezielle John-Lennon-„Abteilung“ werden, die in Anwesenheit seiner Halbschwester Julia Baird (78) gesondert eröffnet worden ist. UK-Künstler James Wilkinson wirkte als Kurator und stellte auch Werke aus seinem „Lennon-Wired“-Zyklus zur Verfügung. Dazu gibt es Artefakte, Zeichnungen, Schriften und Fotografien.
Im Zentrum steht die Nachbildung von Lennons Kinderzimmer, die Baird als „ziemlich bewegend“ bezeichnete. „Beatles-Fans waren entweder in Mendips oder haben zumindest ein Bild davon gesehen, in dem er das ‚Logenzimmer‘ bewohnte“, so Baird gegenüber dem NME „Man konnte da nicht viel reinpacken. Es blieben nur wenige Inches Platz, um sich überhaupt zu bewegen. Es ist sehr lebensecht: das Bett, die rote Steppdecke, all das. Eine wirklich gute Nachbildung. Er hat da drin die ganze Zeit geschrieben oder seine Cartoons gemacht.“
Mendips“ – die Doppelhaus-Hälfte
Als „Mendips“ bezeichnen Kenner die Doppelhaus-Hälfte in der Menlove Avenue 251 in Liverpool, in der Lennon bei seiner Tante Mary „Mimi“ Smith aufwuchs.
Baird hatte bereits 2006 das Buch „Imagine This“ geschrieben. Unterzeile: „Growing Up With My Brother”. Seitdem gab es immer wieder Streitereien über die Deutungshoheit über Lennons Leben. „Mir wurde damals klar, dass Johns Kindheit nicht so war, wie sie dargestellt wurde. Nun kennen die Leute die Wahrheit darüber. Meine Mutter war eben nicht diese immer glückliche Person, die Kinder hatte und diese sprichwörtlich auf eBay verkaufte. Also dachte ich, ich muss etwas dagegen tun.“
Harte Kritik an Sam Mendes
Harte Worte feuerte Baird gegen Regisseur Samuel „Sam“ Mendes und seine kommenden Beatles-Biopics, deren Kinostart für den April 2028 geplant ist. Gegenüber verschiedenen UK-Medien, darunter der Tageszeitung „Daily Mail“ wiederholte sie ihren Vorwurf, der Star-Filmemacher (u.a. James Bond) würde nur oberflächlich arbeiten: „Sam Mendes ist nicht einmal nach Liverpool gekommen. Ich weiß jedenfalls nicht, ob er jemals dort gewesen ist, so weit oben im Norden..“
Ein Hauptanliegen ist der ehemaligen Lehrerin ein authentischer Lokalkolorit, besonders der spezielle Dialekt und Tonfall der Merseyside liegt am Herzen. „Wir haben Schauspielschulen und auch junge Burschen, die John so spielen könnten. Wird er sie treffen? Nein. Wir alle wissen, dass niemand einen Scouser-Akzent spielen kann, ohne dumm zu klingen. Sie rollen ihre „Rs“ in einer lächerlichen Betonung, als wären sie in Mexiko oder so. So geht das nicht!“