RFK Jr. sagt, es sei ihm egal, ob Amerikaner „mehr Karies“ bekommen

Verschwörungstheoretiker RFK Jr., den Donald Trump für das US-Gesundheitssystem verantwortlich gemacht hat, will Fluorid aus der Wasserversorgung entfernen

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In den 1950er-Jahren behaupteten Verschwörungstheoretiker, die Einführung von Fluorid in die öffentliche Wasserversorgung sei in Wahrheit eine kommunistische Chemiewaffe der Sowjets. Eine, die amerikanische Kinder dumm machen solle. Sieben Jahrzehnte später existiert eine umfangreiche Beweislage, die zeigt, dass geringe Mengen Fluorid in der Wasserversorgung einen erheblichen Beitrag zur öffentlichen Gesundheit geleistet haben. Und insbesondere für gesunde Zähne gesorgt haben. Zum Unglück für die tatsächliche Gesundheit der Republik ist der derzeitige US-Gesundheitsminister ein Verschwörungstheoretiker, der glaubt, Impfstoffe verursachten Autismus und Fluorid senke den Intelligenzquotienten.

Am Donnerstag erklärte Robert F. Kennedy Jr. gegenüber „Fox News“, es sei ihm letztlich egal, ob sein Plan, Fluorid aus der US-Wasserversorgung zu entfernen, dazu führe, dass Kinder und einkommensschwache Amerikaner mehr Karies oder andere Zahnprobleme bekommen.

„Es ist ein Thema. Es ist eine Abwägung. Wahrscheinlich wird man etwas mehr Karies sehen“, räumte Kennedy ein. Und behauptete: „In Europa, wo Fluorid verboten wurde, sah man keinen Anstieg bei Kariesfällen.“

Fluorid in Europa und mögliche Risiken

Fluorid ist in Europa nicht verboten. Auch wenn die Fluoridierung dort keine gängige Praxis ist. Ein Bericht aus dem Jahr 2018 zeigte, dass Länder mit ehemals aktiven Fluoridierungsprogrammen diese nicht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit einstellten. Sondern weil entweder Fluorid bereits natürlich im Trinkwasser vorkam oder anderen Produkten wie Flaschenwasser oder Milch zugesetzt wurde. Viele Länder bieten zudem kostenlose Zahnuntersuchungen und Fluoridbehandlungen im Rahmen von Kinder-Vorsorgeprogrammen an. Ein Vorschlag, der in den USA sofort als kommunistische Spinnerei abgetan würde.

Einige Studien haben festgestellt, dass Fluorid bei übermäßigem und langfristigem Konsum negative Auswirkungen auf Körper und Gehirn haben kann. In der Regel liegen die Grenzwerte für solche Effekte jedoch weit über der in den USA empfohlenen Grenze von 0,7 mg pro Liter Trinkwasser.

Was sagt die Wissenschaft wirklich?

Am Donnerstag berief sich Kennedy auf eine Metastudie des National Toxicology Program. Die laut ihm belegen soll, dass „ein direkter Zusammenhang zwischen der Menge an Fluorid im Wasser und dem Verlust an IQ besteht. Selbst geringe Mengen an Fluorid führen zum IQ-Verlust.“

Die tatsächliche Metaanalyse enthält jedoch einen fettgedruckten Hinweis. „Es ist wichtig zu beachten, dass nicht genügend Daten vorliegen, um zu beurteilen, ob die derzeit empfohlene Fluoridkonzentration von 0,7 mg/L in den öffentlichen Wasserversorgungen der USA negative Auswirkungen auf den IQ von Kindern hat.“

„Die Feststellung eines niedrigeren IQs bei Kindern basierte hauptsächlich auf epidemiologischen Studien in Ländern außerhalb der USA. Wie Kanada, China, Indien, Iran, Pakistan und Mexiko. Wo schwangere Frauen, Säuglinge und Kinder Fluoridmengen von mehr als 1,5 mg/L im Trinkwasser ausgesetzt waren“, heißt es weiter im Bericht. „Der US-amerikanische Public Health Service empfiehlt derzeit 0,7 mg/L, während die Weltgesundheitsorganisation einen sicheren Grenzwert von 1,5 mg/L festgelegt hat.“

Folgen für die öffentliche Zahngesundheit

Andere Mitglieder der wissenschaftlichen Gemeinschaft kritisierten den Bericht dafür, dass er „nicht gerechtfertigte methodische und statistische Fehler enthält, die die Schlussfolgerungen ungültig machen. Und zeigen, dass die Daten nicht wie von den Autoren behauptet analysiert werden können“. Sie empfahlen, den Bericht zurückzuziehen.

Wie zuvor von ROLLING STONE berichtet, könnte das Entfernen von Fluorid aus der öffentlichen Wasserversorgung die gesundheitliche Kluft in den USA vergrößern. Fast 70 Millionen Erwachsene in den Vereinigten Staaten haben keine Zahnversicherung. Wie Melissa Burroughs, Direktorin für öffentliche Politik am CareQuest Institute for Oral Health, es ausdrückte: „Das Fehlen von Fluorid im Trinkwasser kann zu höheren Raten unbehandelter Karies führen, die über physische Beschwerden hinaus auch zu schweren oralen Infektionen führen kann.“

Wenn Kennedy tatsächlich – wie er behauptet – entschlossen ist, „Amerika wieder gesund zu machen“, wäre ein Verbot von Fluorid in der Wasserversorgung ein gewaltiger Schritt in die falsche Richtung.

Nikki McCann Ramirez schreibt für den ROLLING STONE USA. Hier geht es zum US-Profil