„Die werden so wütend sein“: Trump-Regierung stellt sich auf MAGA-Aufstand wegen Epstein-Memo ein
Rechtsgerichtete Verschwörungstheoretiker sind erneut außer sich, weil das Justizministerium niemanden aus Epsteins Umfeld anklagt
Nach einer langwierigen Untersuchung der verbleibenden Fragen rund um den verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein haben das Justizministerium und das FBI am Montag ein Memo veröffentlicht. Darin wird festgestellt, dass Epstein entgegen weitverbreiteter Verschwörungstheorien nicht ermordet wurde. Sondern Selbstmord beging. Die Ermittler kamen zudem zu dem Schluss, dass es keine „Kundenliste“ gab, mit der Prominente und politische Eliten erpresst wurden.
Trump-Lager erwartet Aufruhr
Trumps innerer Zirkel, der genau weiß, dass einige der lautstärksten Unterstützer des Präsidenten keine dieser Schlussfolgerungen akzeptieren werden, stellte sich derweil auf die Folgen ein.
„Im Rahmen unseres Engagements für Transparenz haben das Justizministerium und das FBI eine umfassende Überprüfung aller Ermittlungsunterlagen zu Jeffrey Epstein durchgeführt“, heißt es in dem gemeinsamen Memo. „Diese systematische Überprüfung ergab keine belastende ‚Kundenliste‘. Es wurden auch keine glaubwürdigen Beweise dafür gefunden, dass Epstein prominente Personen erpresste. Wir haben keine Beweise gefunden, die eine Ermittlung gegen nicht angeklagte Dritte begründen würden.“
In dem Memo heißt es weiter: „Nach gründlicher Untersuchung kamen FBI-Ermittler zu dem Schluss, dass Jeffrey Epstein am 10. August 2019 in seiner Zelle im Metropolitan Correctional Center in New York City Selbstmord beging“. Und es sei konsistent mit früheren Erkenntnissen, einschließlich der damals durchgeführten Autopsie. Das Justizministerium veröffentlichte zudem über zehn Stunden CCTV-Überwachungsmaterial aus der Haftanstalt, in der Epstein einsaß. Die Aufnahmen zeigen, wie er am Abend des 9. August von Justizbeamten durch einen Gemeinschaftsbereich zu seiner Zelle geführt wird, die außerhalb des Kamerawinkels liegt. Das Video zeigt, dass danach offenbar niemand mehr seine Zelle betreten hat.
Interner Ärger im Trump-Lager
Bei der Vorbereitung auf die Veröffentlichung des zweiseitigen Memos war sich die Trump-Regierung der Wut bewusst, die es in der stark verschwörungstheoretisch geprägten MAGA-Basis auslösen würde.
„Die werden so wütend auf uns sein“, sagte ein Regierungsbeamter gegenüber ROLLINg STONE. Er meinte das Memo mit den Schlussfolgerungen von FBI und Justizministerium. Der Insider spielte dabei natürlich auf die Vielzahl prominenter MAGA-Persönlichkeiten an, die seit Trumps Rückkehr ins Amt auf neue Enthüllungen über Epstein gehofft hatten. Nur um immer wieder enttäuscht zu werden.
Diese Person sowie zwei weitere Regierungsvertreter beschrieben eine Administration, die übermäßig viel Zeit damit verbracht hat (und gescheitert ist), Verschwörungstheoretiker zu besänftigen. Die behaupten seit Langem unbegründet, Epstein sei ermordet worden, um Trumps Gegner zu schützen. Darunter prominente Demokraten und liberale Hollywood-Stars. Diese Ideen florieren in der MAGA-Welt. Obwohl Trump nachweislich selbst mit Epstein in Verbindung stand.
Schadensbegrenzung nach MAGA-Enttäuschung
Nach monatelangem Druck auf Bundesermittler, etwas „Verwertbares“ für die Epstein-Verschwörungstheoretiker zu liefern, versucht die Trump-Regierung nun, die parteiinterne Enttäuschung zu managen. Einer der drei Beamten sagte ROLLING STONE, man bekomme Nachrichten von „wirklich verärgerten“ rechten Influencern und Trump-nahen Verbündeten. Die man davon überzeugen wolle, dass die Regierung so transparent wie möglich handele. Man betone erneut, dass Epstein tatsächlich durch Suizid gestorben sei, während er wegen Menschenhandels mit Minderjährigen inhaftiert war.
Auf die Frage, ob diese Beruhigungsversuche funktioniert hätten, sagte der Beamte schlicht: „Nein.“
Einige Persönlichkeiten der extremen Rechten waren dermaßen empört, dass sie das Memo kurzerhand für eine Fälschung erklärten. Wegen fehlender Unterschrift oder Datumsangabe. Allerdings ist das Dokument auf der offiziellen Website des Justizministeriums veröffentlicht. Was diese Argumentation entkräftet.
Musk, Loomer, Posobiec – die üblichen Verdächtigen
Elon Musk, Milliardär und einstiger Trump-Großspender, der sich mittlerweile wegen Trumps massiver Ausgabenpolitik gegen ihn gewandt hat und eine neue Partei gründen will, gehörte zu den lautstärksten Kritikern. Zuvor hatte er Trump beschuldigt, die sogenannten „Epstein-Akten“ zurückzuhalten. Weil er selbst darin auftauche (Beiträge, die er später löschte). Am Montag veröffentlichte er auf seiner Plattform X Memes, die sich über die fehlende Kundenliste lustig machten. Darunter ein Bild mit der Aufschrift „Offizieller Zähler für Jeffrey-Epstein-Verhaftungen wegen Pädophilie“ mit allen Zählern auf Null. Zudem teilte er einen Beitrag der texanischen republikanischen Abgeordneten Sarah Fields. Die schrieb: „Wenn die gesamte Regierung Pädophile schützt, ist sie offiziell die Regierung gegen das Volk.“
Der Bondi-Schlag ins Wasser
Justizministerin Pam Bondi hatte bereits im Februar vollmundig „bahnbrechende Enthüllungen“ im Epstein-Fall angekündigt. Doch geliefert hatte sie nur Aktenordner mit bereits öffentlich zugänglichem Material, das sie einigen rechten Influencern übergab. Um den unausweichlichen Frust über das von ihr groß angekündigte „Epstein Files: Phase One“-Debakel abzufangen, schrieb Bondi gleichzeitig einen Brief an FBI-Direktor Kash Patel. Darin behauptet sie, das FBI habe angeforderte Beweise zurückgehalten. (Eine „Phase Zwei“ wurde seither nicht veröffentlicht.)
Das neue Memo des FBI und Justizministeriums verschärfte die bereits entbrannte Kritik an Bondi. Trump-Anhängerin und Verschwörungstheoretikerin Laura Loomer forderte am Montag wiederholt ihren Rücktritt. „Hoffentlich fragt heute jemand bei der Pressekonferenz im Weißen Haus, ob Präsident Trump plant, Pam Blondi zu FEUERN“, schrieb sie auf X. Wobei sie ihren üblichen, abwertenden Spitznamen für die Justizministerin verwendete. „Wenn sie nach diesem Epstein-Memo nicht gefeuert wird, werden die Leute richtig schwarzsehen.“ Der rechte Influencer Jack Posobiec, einer der Empfänger der enttäuschenden „Phase-One“-Akten, schrieb: „Wann wird @AGPamBondi die Epstein-Akten aus dem Strafverfahren freigeben? Uns wurde alles versprochen.“
Wilde Vorwürfe und versiegelte Beweise
Der rechte Podcaster Tim Pool warf Bondi unterdessen vor, „Zehntausende Kinderpornovideos für sich zu behalten“. Laut dem Memo des Justizministeriums und FBI haben Ermittler „eine große Menge an Bildmaterial von Epstein, Bilder und Videos von Opfern, die minderjährig sind. Oder es zu sein scheinen. Und über zehntausend heruntergeladene Videos und Bilder von illegalem Kindesmissbrauch und anderer Pornografie“ – alles geprüft. Das Dokument stellt klar, dass keine Videos von Kindesmissbrauch veröffentlicht werden. Und dass ein Großteil des übrigen Materials unter Gerichtsbeschluss versiegelt ist, „um die Opfer zu schützen“, und „keine weiteren Dritten einer strafbaren Handlung beschuldigt werden konnten“.
Fragen im Weißen Haus – und ein Rückzieher bei Bongino
Bei der Pressekonferenz im Weißen Haus wurde Pressesprecherin Karoline Leavitt von Peter Doocy (Fox News) auf Bondis frühere Behauptung angesprochen, sie habe eine Epstein-Kundenliste auf ihrem Schreibtisch. Leavitt entgegnete: „Sie sprach von der Gesamtheit aller Unterlagen. Aller Papiere im Zusammenhang mit Jeffrey Epsteins Verbrechen. Das meinte die Justizministerin. Und ich überlasse ihr die weitere Erklärung.“
Bereits im Mai mussten sich Verschwörungstheoretiker erklären, warum FBI-Vizedirektor Dan Bongino – der als Podcaster stark andeutete, Epstein sei ermordet worden – plötzlich erklärte, dieser habe Selbstmord begangen. „Es gibt im Fall keine Hinweise auf etwas anderes“, schrieb er im Mai auf X. Auch Kash Patel, ein bekannter QAnon-Anhänger, hatte früher behauptet, das FBI könne „uns ganz einfach sagen, wer die Pädophilen sind“. Er hat aber seit seiner Übernahme der Behörde keine Epstein-Kundenliste veröffentlicht.
Altes Narrativ – neue Enttäuschung
Auch wenn vieles im Epstein-Fall weiterhin ungeklärt bleibt, gab es weder in Gerichtsunterlagen noch in Zeugenaussagen jemals Hinweise auf die sagenumwobene „Kundenliste“, die einst von Bongino und Patel propagiert wurde. Und die ihnen nun wie ein Bumerang auf die Füße fällt. Doch für die Verschwörungsanhänger gibt es einen Silberstreif am Horizont. Da sie ihre gewünschten Antworten nie erhalten werden, können sie auch weiterhin alles frei erfinden.