Kommentar

Charlie Kirk spaltete meine Generation. Sein Tod verschärft das nur

Charlie Kirks Tod verschärft die Spaltung in Gen Z. Ein Student schildert, wie Hass statt Dialog den Umgang prägt – und warum Hoffnung bleibt.

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Charlie Kirk war derjenige, der für uns eingestanden ist, und genau deshalb mussten ihn diese radikalen Linken ausschalten“, sagte einer meiner Football-Teamkollegen an meinem streng konservativen College. Er war nicht der Einzige. Viele waren verständlicherweise wütend. Doch statt ihren Zorn nur auf den Täter zu richten, gaben sie pauschal allen Linken die Schuld. Dieser Impuls, die ganze Gegenseite für die Tat eines Einzelnen verantwortlich zu machen, ist nicht neu. Und er sät Hass, der unsere Gräben nur vertieft.

Kirks Einfluss auf eine ganze Generation

Aufgewachsen in den frühen 2020er Jahren war Charlie Kirks Gesicht allgegenwärtig. Das formte, wie meine Generation Politik und die Welt wahrnahm. Für viele konservative Freunde war er nicht einfach eine Stimme im Movement – er war eine Ikone, die es neu definierte. Konfrontation, kulturelle Rebellion und „die Liberalen vorführen“ wurden zum Kern dessen, was junges Republikaner-Sein bedeutete. Doch dieser Einfluss machte Feindseligkeit zur Norm, mit Drohungen und Gewalt statt vernünftiger Diskussion.

Ich bin in einer besonderen Position, das zu beobachten. Ich habe eine konservative Jungenschule in Chicago abgeschlossen und besuche nun ein rechtsgerichtetes College im Süden, wo ich Football spiele. An beiden Orten habe ich gelernt, meine liberalen Ansichten für mich zu behalten. Zum ersten Mal hörte ich in der Mittelschule von Kirk. Richtig bekannt wurde er in meiner Highschool-Zeit, als ein Freund mir ein virales Video zeigte, in dem er eine „woke“ Studentin beim Thema Abtreibung rhetorisch zerstörte. Ab da schien jeder seinen Namen zu kennen.

Das Leben in konservativen Räumen zeigte mir eine beunruhigende Entwicklung: Viele meiner Teamkollegen erklärten offen, sie hätten „noch nie einen Demokraten zum Freund gehabt“, weil „Demokraten unser Land hassen“ und man „das Böse nicht befreunden kann“. Solche Aussagen sind mehr als politische Meinungsverschiedenheiten – es sind Saaten des Hasses, die in Misstrauen und Entmenschlichung wachsen. Wer den anderen nur noch als „Landesverräter“ sieht, verliert das Menschliche – und glaubt irgendwann, Gewalt sei die einzige Antwort.

Idol, Held, Rockstar

An meiner Schule war Kirk ein Superstar. Viele Mitschüler waren glühende MAGA-Anhänger und sahen in ihm einen Helden, der ihre Werte verteidigte. Seine Turning-Point-USA-Rallyes und sein rhetorisches Feuer inspirierten zahllose junge Männer. Videos, in denen er „woke Liberale“ vorführte, kursierten ununterbrochen.

Natürlich gab es auch andere konservative Stimmen wie Ben Shapiro oder Candace Owens. Doch Kirk erzeugte eine andere Art von Energie. Seine Anhänger wollten nicht nur zuhören, sie wollten selbst mitmischen – ob in Schulgängen oder Gruppen-Chats. Politik wurde zum sozialen Mitmach-Event, nicht zu einem intellektuellen Streitgespräch. Es gab ihnen das Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein, und sie fühlten sich legitimiert, laut zu werden.

Angst nach der Ermordung

Als Kirk ermordet wurde, wurde ich unruhig. Die Feindseligkeit gegenüber der Linken ist auf meinem Campus greifbar. Viele junge Leute haben nie verstanden, dass Kirk auch mit Andersdenkenden sprach. Stattdessen wird lieber geschmäht als respektvoll gestritten.

Im Football habe ich gelernt, dass ein Team seine Energie in etwas Größeres als das eigene Ego bündeln muss. Doch meine Generation besteht aus zwei Teams, die gegeneinander kämpfen, statt gemeinsam das Land voranzubringen. Heute geht es in Debatten nicht mehr ums Verstehen, sondern ums Gewinnen – um den Gegner bloßzustellen. Empathie bleibt auf der Strecke.

Trauer und neue Fronten

Das Gewicht von Kirks Tod war im Training spürbar. Viele trauerten um einen Mann, den sie als Idol und Zukunft sahen. Sie schauten seine Reden, jubelten, als ob er noch da wäre. Ich trauerte ebenfalls – um sein sinnloses Ende, aber auch um die verlorene Chance auf Einheit. Gen Z könnte diese Geschichte umschreiben, wenn wir lernen, ohne Hass zu streiten. Doch wenn nicht, werden Tragödien wie diese zur Normalität.

Meine Sorge: Viele junge Konservative sehen in Kirks Tod ein Fanal, angefacht vom „Anti-Woke“-Feuer, das er entfachte. Statt Dialog fürchte ich mehr Fingerzeigen, Drohungen, noch mehr Spaltung. Schon in meiner Highschool endeten politische Diskussionen oft mit persönlichen Angriffen. Im College ist das schlimmer, weil Leidenschaft gepaart mit der Überzeugung, der andere „hasse das Land“, jede Debatte in Groll verwandelt.

Ein letzter Hoffnungsschimmer

Trotzdem halte ich an Hoffnung fest. Vom Football weiß ich, dass Teams auch Gegensätze überwinden können. Wenn wir diesen Moment als Wendepunkt begreifen, könnten wir zeigen, dass friedlicher Dialog möglich ist. Doch dafür müssen wir wirklich zuhören – und den Menschen hinter der Überzeugung sehen.

Eli Thompson ist Student im ersten Jahr. Seine Artikel wurden im „Wall Street Journal“ und in „USA Today“ veröffentlicht, und er war bereits bei NBC Chicago, WGN und SiriusXM Patriot zu Gast.

Eli Thompson schreibt für den ROLLING STONE USA. Hier geht es zum US-Profil