Serie der Woche: „The Savant“
Zwischen Politthriller und Familiendrama: Warum "The Savant" eine wichtige Serie ist
Ein Mann im „Smoke’ em“-T-Shirt irrt durch einen Baumarkt, sucht das Gartencenter. „Pflanzen oder Zubehör?“, fragt der Verkäufer. „Dünger“, sagt er. Und nach einer Pause: „Für meinen Garten.“ Er geht schnurstracks zu den Standardmischungen, wo das Ammoniumnitrat lagert, aus dem man nicht nur Dünger, sondern auch Sprengstoff machen kann. Mit solchen Typen hat eine Undercover-Ermittlerin (Jessica Chastain) ständig zu tun. Sie kennt sie aber meistens nur als „The Paptor“, „fatherflag76+“ oder „I Am Not A Ferret“. Sie arbeitet bei der Anti-Hate Alliance, überwacht rechtsradikale Chats auf Plattformen wie Telegram, infiltriert Online-Hassgruppen, die zum Beispiel „Patriot Highway“ heißen. Hier kann sie in Echtzeit mitlesen, wie sich immer mehr Nutzer radikalisieren – und zu Terroristen werden.
Die Miniserie „The Savant“ vermengt Politthriller mit Familiendrama und erzählt aus einem zerrissenen Land. Der Thrilleranteil beruht auf Andrea Stanleys „Cosmopolitan“-Reportage „Is It Possible To Stop A Mass Shooting Before It Happens?“. Darin geht es um eine solche Ermittlerin, die gut darin ist, zu erkennen, wenn Hass zu Gewalt wird – und so Anschläge verhindern kann. Dass das nicht immer klappt, führt „The Savant“ in der Eröffnungssequenz vor. Ein Rechtsextremist spricht einen verstörenden Monolog in eine Kamera, bevor einer seiner Anhänger in einem Supermarkt auf alle schießt, die nicht die gleiche Hautfarbe haben wie er. Das Verstörende an diesem Monolog ist nicht die bizarre Weltsicht dieses Mannes, sondern wie vertraut einem diese krude Rhetorik inzwischen ist – und wie oft man ähnliche Sätze aus dem Weißen Haus zu hören bekommt. Das macht „The Savant“ zu einer bedrückenden, schwer auszuhaltenden, aber wichtigen Serie. (AppleTV+)