Plappernde Mikrokosmen

IRMIN SCHMIDT & KÜMO präsentieren schamlos unterhaltsame Kunst

He’s my Schwiegerfather!“ bescheidet Jono Podmore die unvermeidliche Frage nach der Vaterfigur Irmin Schmidt mit angenehm undeutscher Heiterkeit. „Wenn man die Tochter von jemandem heiratet, ergeben sich ja automatisch familiäre Verbindungen.“ Darüber hinaus, sagt Schwiegervater, der alles andere ist als ein behäbiges Väterchen Can, halten beide nichts von Hierarchien und sind froh, nicht damit konfrontiert zu sein: „Das wäre ja total kontraprodukttv. Ich will Leute um mich, die mich infrage stellen und nicht alles akzeptieren, was ich sage. Ich will nicht bewundert werden!“

„Wir fühlen uns nicht mal unterschiedlichen Generation zugehörig“, sagt Podmore aiui. Kümo, ein waschechter Liverpudlian, der das japanische Wort für Wolke wegen der Parallelen zur Musik – Aggregatzustand, Potenzial, Elektrizität – zu seinem Pseudonym machte. „Unsere Ideen und Ideale sind die gleichen.“

Was vielleicht die gute Atembarkeit der eigentlich sehr „dicken“ Musik auf dem Debüt des Duos, „Masters OfConfusion“, erklären könnte. Ein Stockhausen-Schüler und Forte-Pianist auf den flitzenden Breakbeats eines Mittsechziger-Jahrgangs mit HipHop, Drum &Bass und klassischer Ausbildung in der Biografie. Ein Hin und Her zwischen Warp und Webern, dunkler Textur und plappernden Mikrokosmen. „Ein ständiger polyrhythmischer Dialog“, erläutert Schmidt und beginnt damit einen verbalen. „Die Form, die sich aus der Improvisation entwickelt, ist in jedem Konzert eine andere, total unvorhersehbat“ Kümo: „Ich habe meine Ausrüstung so frisiert, dass ich in Echtzeit programmieren kann. Wir können also flexibel sein, direkt aufs Publikum reagieren. Es ist das dritte Bandmitglied.“

Irmin traf Jono auf der Suche nach einer Person für Elektronik, Mix und Programming seiner Fantasy-Oper“GormeMghast“ (2000). Jung sollte sie sein, diese Person, und über breit gefächerte musikalische Erfahrung verfügen, damit es nicht altbacken würde, man sich andererseits trotzdem verständigen könnte. Das Konzept geht auf, ist ebenso Kunst wie schamlos unterhaltsam.

„Wir bemühen uns, der Gegenwart mit Musik zu antworten, die aus allen Aspekten des zeitgenössischen Musflonachens besteht“, erklärt Schmidt die stets gültigen Beweggründe seiner Arbeit seit Can. „Ihre Körperlichkeit ist mir genauso wichtig wie die formale Seite. Mal ist es aggressiv, mal schwebt es, aber es kann auch grooven!“ Und wie.

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