First Aid Kit – Falsche Feen

First Aid Kit möchten keine Märchengestalten sein - bezaubernd sind sie trotzdem.

Singende Mädchen mit wehenden Haaren in langen Kleidern werden gern mal altväterlich als „Elfen“ abgestempelt. First Aid Kit, die beiden Blumenkinder-schwestern Johanna und Klara Söderberg aus Stockholm, romantisieren zwar eine alte Zeit, mischen aber eine neue auf. „Wir wollen keine sonderbaren Kreaturen aus der Natur sein. Besonders Männern fällt es oft schwer, unsere Musik ernst zu nehmen. Beim jungen Dylan hat auch niemand, Ach, ist der süß!‘ gesagt!“ Man hört ihnen gern zu, wenn sie sprechen, wenn sie singen sowieso. Ernsthaft und dabei erfrischend optimistisch, irgendwo im Idealbereich zwischen naiv und bitter.

Es dürfte ihnen auch leichtfallen, die Zukunft als rosig zu imaginieren: Für das Country-Folk-Duo ist bisher alles wundervoll verlaufen. Ihre erste EP „Drunken Trees“ veröffentlichten sie 2008 im absurden Alter von 14 und 16, und gern würde man erzählen, First Aid Kit wurden im Wald entdeckt, als sie kichernd Hasen nachjagten – doch die Wahrheit ist: Ausgerechnet die „altmodischen Mädchen“ landeten mit einem Fleet-Foxes-Cover einen YouTube-Hit. Nun ja, Erfolg misst man heute halt in Klicks.

Reingeklickt hat sich auch Jack White, mit dem die Schwestern für seine Third Man Records Blue Series gleich zwei Songs aufnehmen durften. „Es war wie ein Traum, alles passierte in acht Stunden. Jack war sehr gelassen, aber sobald es um die Musik ging, rannte er herum und wurde ganz euphorisch. Als er die besten Musiker der Stadt anrief, kamen die innerhalb von fünf Minuten. Die Wände im Studio waren schwarz und rot gestrichen, und überall hingen ausgestopfte Tiere. Wirklich ein surrealer Tag.“

Vater Bengt gab seine Stelle als Lehrer auf, um mit seinen Töchtern zu touren. Der beste Tontechniker, den man sich vorstellen könne, sei er. Im Studio spielt er außerdem Bass und fungierte als Produzent der ersten beiden Veröffentlichungen. Bestimmt ist er mit von der Partie, um seine kleinen Mädchen vor dem bösen Rock’n’Roll zu beschützen. „Nein, nein! Der hat doch selbst den größten Spaß!“

Für das zweite Studioalbum, „The Lion’s Roar“, arbeiteten First Aid Kit nun mit einem Produzenten zusammen. Mike Mogus von den Bright Eyes wollte seinen einzigen freien Monat im Jahr im Studio mit den schwedischen Schwestern verbringen. „Bright Eyes sind unsere Lieblingsband und zu einem großen Teil dafür verantwortlich, dass wir überhaupt Musik machen. Natürlich haben wir sofort zugesagt.“

So flogen das Duo und Daddy kurzerhand nach Omaha, Nebraska. Zufällig tourten dann noch die Felice Brothers vorbei und hinterließen ihre Spuren im Song „King Of The World“, in dem sich außerdem Conor Oberst himself die Ehre gibt. „Mikes Haus ist direkt neben dem Studio, und gegenüber wohnt Conor, bei dem öfter mal die Felice Brothers übernachten. Schon eine außergewöhnliche Familie.“

„The Lion’s Roar“ ist ein Meisterwerk mit Fokus auf den Stimmen, die in den blühenden Harmonien verschmelzen. Man möchte dem Himmel danken für Mädchen wie Klara und Johanna, die nicht „too cool for school“ sind und statt all dem gegenwärtigen Indie-Pop-Geflüstere und -Gehauche den Mut haben, aus voller Kehle und Seele zu singen.

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