Tim Buckley :: Live At The Folklore Center NYC, March 6,1967

Dokument aus den frühen Tagen des großartigen Songschreibers

Er war Orpheus unter all den aufstrebenden Talenten im Singer/Songwriter-Fach, nicht nur ein begnadeter Songpoet, sondern auch als Sänger mit einer solchen Fülle des Ausdrucks betörend wie auf ihre Weise die Kollegin Karen Dalton und sonst kaum jemand. Die Songs waren eine Sache, die Stimme eine andere. Buckley schätzte Tim Hardin, den jungen Leonard Cohen, Fred Neil und Bob Dylan, weil der sich mit jedem Album künstlerisch weiterentwickle und nicht stagniere (zitieren ihn die Liner Notes aus einem Interview). Bewundern mochte er sie wohl eher weniger, sah sich bald auf Augenhöhe mit den kommerziell um einiges erfolgreicheren Kollegen.

Für sein Debüt hatten die Herrn Rothchild und Holzman neben Van Dyke Parks als Arrangeur für die Streicherarrangements Jack Nitzsche verpflichtet. Die Songs (v)ertrugen auch das damit verbundene Element von Pop-Symphonik. Als die Zeit kam, die zweite LP aufzunehmen, hatte sich Buckley seinerseits schon wieder viel weiter entwickelt. Weil die Produzenten mehr mit dem Debüt der Doors beschäftigt waren, überließen sie den Job dem mit The Association so erfolgreichen Jerry Yester. Das Ergebnis fand man in der Chefetage von Elektra Records so beeindruckend, dass für „Goodbye And Hello“ mit einem dieser riesigen Plakate auf dem Sunset Strip geworben wurde.

Acht Monate zuvor hatte er zufällig Izzy Young getroffen, der seit 1957 über seinem Geschäft an der MacDougal Street im Village in einem winzigen „Saal“ – seinem Folklore Center – namhaften Folkies wie noch völlig unbekannten Talenten Gelegenheit für informelle, nur durch Mundpropaganda bekannt gemachte Auftritte gab. Young folgte strikt persönlichen Vorlieben, aber eine solche fassten er und seine Frau sofort bei der ersten Begegnung, obwohl sie Buckley nie zuvor live gesehen hatten. Nicht ganz so zufallig verfügte man auch über eine Nagra, auf der man das Konzert mitschnitt. Mono und nicht in so edler Klangtechnik wie ein Jahr später das Konzert in London, aber als „unplugged“ vor 35 Zuhörern musiziertes Tondokument einzigartig.

Nicht zuletzt deswegen, weil der drei Wochen zuvor 20 gewordene Sänger neben Songs, die erst auf „Goodbye And Hello“ erscheinen sollten, ein halbes Dutzend anderer zum Besten gab, die er später – warum auch immer – nie aufnehmen sollte. Wobei „Just Please Leave Me“ in der Tradition der besten Anti-Liebeslieder von Bob Dylan steht (mit der Frage, warum Könige und Königinnen immer so lahm enden). Anders als Dylan hatte Buckly keinen geschäftstüchtigen Musikverleger im Hintergrund, der die vielen von ihm nach eigener Aussage ,für den Tag geschriebenen“ Songs auf Azetaten oder anderswie festgehalten hätte. Faszinierend – fesselnder als vieles auf den ersten Studio-LPs! ist der schiere Gefühlsüberschwang, mit dem er etwa Fred Neils „Country Boy“ vorträgt. „No Man Can Find The War“ kommt bestens ohne die penetranten Bombenexplosionen der Produktion aus, ist im übrigen auch weit eher große Opern-Arie denn Protestsong und damit ein Grund mehr, sich diese 16 Songs anzuhören. Buckley sr. schrieb und sang immer in einer ganz anderen Liga als Tom Paxton oder Phil Ochs.

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