SIR CLIFF

Der Mann, der einst vor der Queen kniete und Sir Cliff getauft wurde, rennt im sündteuren, aber stickigen Hotelzimmer von Fenster zu Fenster, um die Herbstluft hereinzulassen. Leicht gebräunter Teint, sportlich-elegante Kleidung – Cliff Richard ist für einen Herrn im Rentenalter erstaunlich gut in Schuss. Letztes Jahr konnte das englische Pop-Urgestein den 60. Geburtstag feiern und dabei auf 43 Jahre Showbiz zurückblicken. Ein echter Profi also, und so wird nur noch einmal am Mineralwasser genippt, dann geht es zur Sache, schließlich gilt es, Werbung zu machen für ein neues Album namens „Wanted“.

Welche CDs legt sich ein 60-jähriger Popstar daheim in die Stereoanlage?

Mariah Carey, Bonnie Raitt, Boz Scaggs. Atomic Kitten ist das einzige aktuelle Album, das ich besitze. Hip-Hop? Eigentlich nicht. Ich bin nicht mal sicher, was das sein soll. Wann immer ich etwas höre, das als HipHop firmiert, klingt es wie etwas, das ich vor zehn Jahren gemacht habe.

Auf deinem neuen Album gibt es zwei Elvis-Presley-Covers. Du hast den King in deinen Anfangsjahren ja geradezu schamlos kopiert. Bist du ihm jemals persönlich begegnet?

Nein, nie. 1976 gab es eine Gelegenheit, aber da wollte ich nicht mehr, weil er zu dem Zeitpunkt schon so dick war. In meiner Erinnerung ist Elvis nicht der Mann, an den die Leute heute denken – der fette Typ mit dem weißen Anzug und den Strassklunkern. Was ich vor mir sehe, ist der junge Elvis, hochgestellter Jackenkragen, weite Hosen, die Gitarre auf Hüfthöhe, ein Blick wie der Tiger vor dem Sprung. Das ist der echte Elvis, und den konnte ich mir nur erhalten, weil ich ihn nie getroffen habe. Ein paar Mal haben mir Leute, die Elvis kannten, gesagt: „Er hat von dir gehört und findet dich gar nicht schlecht“. Aber weil ich das niemals aus seinem Mund gehört habe, weiß ich nicht, ob es stimmt.

Im Gegensatz zu Elvis bist du in über 40 Jahren nie durch Frauen- oder Drogengeschichten aufgefallen. Warst du schon immer ein Heiliger?

Nein, nur ein gewöhnlicher Mensch mit einem außergewöhnlichen Job. Das habe ich den Mädchen, die mir hinterherliefen, immer gesagt. Ich hatte meinen Glauben und die Maßstäbe, nach denen ich zu leben versuche. Wir Menschen sind nicht perfekt das bleibt Jesus vorbehalten -, und wir tun alle Dinge, die wir später bereuen, aber das Schöne ist, dass Gott uns unsere Sünden verzeiht.

Da wir gerade beim Thema sind: Glaubst du, dass deine alte Freundin Prinzessin Diana jetzt ein Engel ist?

Gott entscheidet, wer in die Ewigkeit eingeht. Ich kann die Frage also nicht beantworten, sondern nur sagen, dass sie für mich hier auf Erden ein Engel war, ein wirklich guter Mensch, trotz aller Fehler und Probleme. Wenn jemand es verdient, ein Engel zu sein, dann Mutter Teresa – lebenslanger Einsatz für die Armen, ganz ohne Gefahrenzulage. Diana? Ich denke, Gott wird sie als das erkennen, was sie war, und sie hat viel Gutes getan.

Ein weiterer Diana-Freund – und ebenfalls geadelt – ist Elton John, der vor kurzem ein Back-to-Basics-Album veröffentlicht hat, in der Hoffnung, damit ein jüngeres Publikum zu erreichen. Wäre das auch was für dich?

Ich würde nie ins Studio gehen und so etwas aufnehmen wie Elton. Würde mir nicht gefallen. Was ist denn falsch daran, Technik einzusetzen? Wenn ich wählen müsste zwischen dem alten Kram und „We Don’t Talk Anymore“, gäb’s nicht viel zu überlegen. Was ich heute mache, hat einfach mehr Biss. Von Picasso hätte schließlich auch niemand verlangt, wieder zu den Zeiten von Skizzenblock und Bleistift zurückzukehren.

Was hältst du von alternden „Rock-Göttern“ wie Mick Jagger?

Ich war schon vor Mick Jagger da, fünf Jahre vorher, mit genau denselben Begleiterscheinungen, dem Gekreische, dem Um-die-Welt-gejagt-Werden, den ganzen Filmen. Mein Publikum wächst weiterhin, was wohl bedeutet, dass auch junge Leute dabei sind. Aber „Götter“ – das ist wirklich ein übler Witz. Mick ist genauso wenig ein Gott wie ich. Derart tituliert zu werden, macht uns wichtiger, als wir sind. Wir sind Entertainer, nichts weiter. All dieser Mist, der über uns geschrieben wird, ruiniert unsere Branche, und das ist noch vornehm ausgedrückt. Was macht ein Popstar, wenn ein Krieg ausbricht, mit biologischen Waffen oder Atombomben? Er geht drauf, wie alle anderen auch.

Du besitzt Weinberge in Portugal, ein neues Haus auf Barbados, einen Landsitz in Surrey – viele würden sagen, da fehlt nur noch eine Frau, mit der man all das teilen kann.

Ich will nicht heiraten. Ich brauche das nicht.

Hast du vielleicht etwas gegen Frauen?

Überhaupt nicht. Einige meiner besten Freunde sind Frauen! Es gibt auch Frauen, die nicht heiraten. Ich habe eine Menge guter Freunde, mit einigen habe ich auch zusammengewohnt, und ich hoffe, dass es immer Freunde geben wird, die bereit sind, Haus und Leben mit mir zu teilen. Ich glaube nicht, dass man verheiratet sein muss, um glücklich zu sein.

Experten sagen, die Ehe schützt vor Stress und frühzeitiger Alterung.

Na, dann sollen sie mal mich anschauen. Ich bin der Peter Pan des Pop.

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