B-Real von Cypress Hill im Interview: „Die Simpsons waren der Auslöser!“

Vom Simpsons-Witz in die Royal Albert Hall: B-Real von Cypress Hill im Interview.

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Die Simpsons, das ist mittlerweile ein popkulturelles Faktum, haben im Laufe ihrer langlebigen TV-Karriere vieles erstaunlich präzise vorhergesagt – Donald Trump als Präsident, Smartwatches, Videotelefonie … und: die Zusammenarbeit von Cypress Hill mit einem klassischen Orchester. „Somebody ordered the London Symphony Orchestra. Possibly while high! Cypress Hill, I’m looking in your direction“, hieß es 1996 in der Folge Homerpalooza. Was damals noch ein Gag war, wurde 2024 Realität: Cypress Hill spielten in der Royal Albert Hall gemeinsam mit dem London Symphony Orchestra. Das dazugehörige Livealbum „Black Sunday – Live at the Royal Albert Hall“ ist nun erhältlich. Am 9. Juli 2025 gastiert die Band – leider ohne Orchester – in Berlin. Wir sprachen mit Cypress-Hill-Frontmann B-Real.

B-Real, erinnern Sie sich noch, was Sie gedacht haben, als Sie zum ersten Mal von der Simpsons-Folge „Homerpalooza“ gehört haben?

Als ich zum ersten Mal von der Idee für die Folge hörte – das war entweder, als wir zum Einlesen unserer Rollen kamen oder als sie uns das Konzept vorstellten – fand ich es einfach urkomisch. Ich hätte nie erwartet, dass sich daraus so etwas entwickelt. Besonders die Idee, dass wir Peter Framptons Orchester „stehlen“ – das war einfach total verrückt. Und noch verrückter war, dass dieser Witz später zu etwas wurde, das wir tatsächlich machen wollten.

Ein Kreis schließt sich. Aber das Konzert mit dem London Symphony Orchestra war nicht Ihre erste Erfahrung mit einem Orchester.

Nein, genau. Wir hatten schon vorher einige Shows mit Orchester gemacht – das war alles Teil eines größeren Plans. Unser Ziel war von Anfang an, irgendwann mit dem LSO zu spielen. Die anderen Konzerte dienten als Vorbereitung. Wir ließen die Musik arrangieren und sagten: „Lass uns mal ein Konzert machen und schauen, wie das läuft.“ Colorado war dann die erste Gelegenheit. Als wir die Show dort ankündigten, kamen auch andere Veranstalter auf uns zu – so entstanden weitere Termine. Diese Shows haben uns sehr geholfen, uns an die Zusammenarbeit mit einem Orchester zu gewöhnen. Aber ja – die ganze Zeit über wollten wir eigentlich auf das LSO hinarbeiten.

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War das also ein lang gehegter Plan – oder kam die Idee wirklich durch die Simpsons-Folge?

Die Simpsons waren auf jeden Fall der Auslöser. Unser Produzent und DJ Muggs – der auch heute noch zur Gruppe gehört – kam kurz nach der Folge auf die Idee: „Was wäre, wenn wir das wirklich machen – mit einem Orchester?“ Es ging zunächst nicht speziell ums LSO, sondern einfach um die Vorstellung, überhaupt mal mit einer Symphonie zu arbeiten. Aber wegen unseres Tour- und Aufnahmeplans geriet das Thema erstmal in den Hintergrund. Jahre später kam die Idee zurück – diesmal mit dem konkreten Ziel: Warum nicht mit dem London Symphony Orchestra?

Dann kam der Zufall ins Spiel: Wir posteten einen Tweet über die Simpsons – so eine Art „Was wäre, wenn“-Gedanke. Das LSO hat den Tweet geteilt. Danach kamen Gespräche zustande – und sie waren tatsächlich offen dafür. Sie erklärten uns, was nötig wäre, um das Projekt umzusetzen. Da wussten wir: Sie haben wirklich Interesse. Es hat dann zwar länger gedauert als gedacht, aber ab da haben wir konsequent darauf hingearbeitet.

Wie sind Sie musikalisch an das Projekt herangegangen? Wurde für Colorado anders arrangiert als für das LSO?

Ja, da gab es Unterschiede. Ursprünglich wollten wir, dass das LSO selbst die Arrangements übernimmt, aber das ließ sich zeitlich nicht machen. Also haben wir jemanden gefunden, der die Musik für uns schrieb und neue Instrumente und Nuancen hinzufügte – Dinge, die man auf dem Album so nicht hört. Der Arrangeur war Jack McCallahan, und er hat wirklich großartige Arbeit geleistet.

Als es dann zum LSO ging, war Troy Miller der Dirigent. Wir sagten ihm: „Wenn du etwas ändern oder ergänzen willst – nur zu. Wir hätten gern eine etwas düsterere Klangfarbe.“ Er nahm Jacks Arrangements, baute darauf auf und machte sie dunkler, intensiver. Was wir heute live spielen, basiert auf dieser Version – es ist eine Mischung aus beiden Handschriften, und sie funktioniert großartig.

Wie war die Zusammenarbeit mit dem London Symphony Orchestra? Die sind ja bekannt dafür, auch mit anderen Genres zu experimentieren.

Sehr professionell und gleichzeitig total angenehm. Sie hatten die Arrangements schon Monate im Voraus bekommen, also war alles perfekt vorbereitet, als wir ankamen. Wir mussten nur zwei Mal mit ihnen proben – dann konnten wir direkt loslegen. Sie sind absolute Spitzenmusiker – jeder wusste genau, was er zu tun hat. Und sie waren super freundlich. Viele von ihnen kannten uns, manche waren sogar Hip-Hop- oder Cypress-Hill-Fans. Das hat die Atmosphäre sehr entspannt gemacht.

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In dem Konzertfilm sagen Sie, dass Sie an dem Abend eine besondere Verantwortung gespürt haben – und dass es eine der wenigen Shows war, bei der Sie vorher nicht Gras geraucht haben. 

Ein Auftritt mit Orchester ist einfach etwas anderes. Selbst wenn wir solche Shows schon gemacht hatten, war das alles noch neu für uns – eine neue Erfahrung, ein neues Abenteuer. Gleichzeitig wollten wir den Rahmen respektieren. Ein Orchesterauftritt ist eben kein klassisches Hip-Hop-Konzert. Klar, unsere Musik ist Hip-Hop – das bleibt auch so – aber wir wollten das Ganze in einem anderen Licht präsentieren. Mir war wichtig, an dem Abend besonders fokussiert zu sein. Kein Kiffen, kein Image – es sollte nur um die Musik gehen. Das war unsere Haltung an diesem Abend: mit Respekt auf die Bühne gehen und die Musik sprechen lassen.

Cypress Hill im Interview: „Okay, das ist jetzt richtig groß“

Sie haben „Black Sunday“ in voller Länge gespielt – ein Meilenstein, der viele Reaktionen in Gang setzte. Wann wurde Ihnen klar, wie wesentlich dieses Album werden würde?

Das wurde uns erst nach der Veröffentlichung richtig bewusst. Während man an einem Album arbeitet, ist man so tief in der Musik, dass man gar nicht abschätzen kann, wie es ankommen wird. Wir hatten vom ersten Album her zwar schon eine gewisse Aufmerksamkeit, aber was mit „Black Sunday“ passierte, hat uns überrascht. Als das Album rauskam, waren wir gerade zum ersten Mal in Europa auf Tour. In den USA ging das Album an den Start – wir bekamen also nur indirekt mit, was dort los war.

Aber wir hörten von Freunden, Presse und Fans, dass es riesige Schlangen vor den Plattenläden gab. Damals kauften die Leute ihre Musik ja noch physisch – und sie standen in Massen an, um unsere Platte zu bekommen. Wir selbst konnten das nicht sehen, aber als man es uns erzählte, dachten wir: „Okay, das ist jetzt wirklich groß.“ Es war der Moment, in dem uns klar wurde, welchen Einfluss das Album hatte.

Und das haben Sie auf der Europa-Tour gar nicht direkt gespürt?

Nicht sofort. Aber Europa hat uns damals auch schon sehr gefeiert. Wir waren mit dem ersten Album nie dort gewesen – man hatte uns zwar gebucht, aber wir wollten uns damals auf die USA konzentrieren. Als wir dann zur zweiten Platte kamen, wussten wir nicht, ob wir überhaupt ein Publikum dort haben würden. Aber die Reaktion war überwältigend.

Wir dachten erst, die Leute feiern noch das erste Album – aber „Black Sunday“ war gerade frisch erschienen, und die Fans waren außer sich. Das war der Beginn unserer engen Beziehung zu Europa. Wir haben danach viele Jahre dort verbracht – phasenweise haben wir dort mehr getourt als in den Staaten. Das hatte allerdings auch Folgen: In den USA mussten wir später einiges an Boden wiedergutmachen, weil wir dort durch unsere lange Abwesenheit an Sichtbarkeit verloren hatten. Aber Europa war immer gut zu uns. Ohne die Fans dort wären wir nicht so weit gekommen.

Cypress Hill hatten ja schon früh Fans aus Rock- und Metalkreisen. Gab es einen Moment, in dem Ihnen klar wurde, dass Ihre Musik weit über Hip-Hop hinaus Wirkung hat?

Ja, das wurde besonders nach Lollapalooza deutlich. Dort haben wir viele Leute erreicht, die nicht klassisch aus dem Hip-Hop kamen. Als wir dann eigene Touren spielten, tauchten genau diese Leute wieder auf – Fans, die wir durch Festival-Auftritte gewonnen hatten. Ab der Zeit von „Black Sunday“ wurde das sichtbar. Auch die Art der Festivals, zu denen wir eingeladen wurden, änderte sich. Oft waren wir die einzige Hip-Hop-Band zwischen Rock- und Metal-Acts.

Das war erstmal ungewohnt – wir hatten uns nie bewusst in dieser Rolle gesehen. Aber wir haben diese Fans angenommen, für sie gespielt – und sie sind bis heute bei uns geblieben. Sogar aus dem elektronischen Bereich kamen Leute dazu. Damit hatten wir ehrlich gesagt nie gerechnet.

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Jetzt, wo das Live-Album mit dem LSO erschienen ist: Gibt es Pläne für neue Musik?

Ja, wir arbeiten an ein paar Sachen – das Problem ist nur, zwischen all den Shows und Touren die Zeit zu finden. Direkt nach dem Release von „Black Sunday“ mit dem LSO wollen wir erstmal ein Projekt mit spanischsprachiger Musik machen – eine Rückbesinnung auf unsere Wurzeln. Danach wird es weitere neue Musik geben. Was genau, will ich noch nicht verraten – es soll eine Überraschung werden. Es wird auf jeden Fall etwas anders als das, was man von uns kennt.

Ob es ein ganzes Album wird, weiß ich noch nicht. Ich möchte in Zukunft eher mit anderen Formaten arbeiten – heute gibt es ja viele Möglichkeiten, Musik zu veröffentlichen. Wir überlegen gerade, was am besten zu uns passt.

Und aktuell läuft die Tour gut?

Ja, wir können uns nicht beschweren. Wir haben Spaß, die Shows laufen großartig – alles läuft gut!