Barack Obama

Es war nicht bei den News auf CNN oder im Politikteil der „FAZ“, als wir das erste Mal über den Namen Barack Obama stolperten, sondern in einer Folge der TV-Serie „Gilmore Girls“. Alexis Bledel in der Rolle der Nachwuchsjournalistin Rory Gilmore verkündet im Finale der siebten Staffel der Serie, die im Mai 2007 ausgestrahlt wurde, dass sie ihren Traumjob gefunden habe: Sie dürfe den Präsidentschaftskandidaten Barack Obama auf seiner Wahlkampftour begleiten. Obama hatte drei Monate zuvor in Springfield seine Kandidatur bekannt gegeben. Und damals fragen wir uns noch, ob jemand, der nur einen Buchstaben von Osama entfernt ist, tatsächlich politisch Karriere machen kann in den USA.

Im Jahr 2008 kannte dann auf einmal jeder diesen Namen. Erst skeptisch, dann staunend und schließlich ekstatisch verfolgten wir, wie ein Außenseiter zum Favoriten wurde, wie immer mehr Anhänger Hillary Clintons sich auf seine Seite schlugen. Wir kreischten wie Teeniemädchen, als er uns im Juli an der Siegessäule zurief: „People of Berlin – people of the world – this is our moment. This is our time.“ Wir heulten vor Glück, als er uns in der Wahlnacht in Chicago versprach: „This is yourvictory!“ An diesem 4. November 2008 waren wir alle Amerikaner.

Der 44. Präsident der Vereinigten Staaten musste sich nicht wie damals Bill Clinton ein Saxofon umhängen, um Popstar zu sein. Dass schon 2010 ein Obama-Biopic in die Kinos kommen soll, passt ebenso ins Bild wie die Tatsache, dass Obama – wie der Pop – seine Chancen vor allem im Internet sah, und wie kein Politiker vor ihm das Web 2.0 für den Wahlkampf nutzte. Und dass es kaum einen Pop-Promi gab, der sich nicht für Barack Obama stark machte – von Jessica Alba bis Tina Fey, deren böse Sarah-Palin-Parodien in „Saturday Night Live“ von einigen Experten gar als wahlkampfentscheidend eingeschätzt wurden.

Dass viele daraufhin Obama mit einem Superhelden verwechselten, der mit seinem „Yes, we can!“ alle Probleme der Welt auf einmal lösen kann, wundert nicht. Schließlich war 2008 aber auch das Jahr, in dem die Welle der Verfilmungen von Superhelden-Comics überschwappte von „The Incredible Hulk“ über „Iron Man“ bis „The Dark Knight“ mit Heath Ledger, der Anfang des Jahres gestorben war und posthum für seine Darstellung des Joker mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. Für Superhelden hätte es 2008 auch in der wirklichen Welt viel zu tun gegeben, nachdem die globale Finanzkrise im September mit der Insolvenz der Lehman Brothers eine neue Dimension erreicht hatte, und der Zyklon Nagris in Myanmar über 80 000 Menschenleben forderte.

Super waren 2008 zwar – im Gegensatz zum totalitären Werbespektakel der Olympischen Spiele in Peking-der Medienhype um die Sarkozys, um Charlotte Roches „Feuchtgebiete“ und Marcel Reich-Ranickis Wutrede auf die Volksverdummung im deutschen Fernsehen. Doch der Einzige, der dann wirklich einen Superhelden spielen durfte, war Obama: Der Marvel-Comicverlag ließ ihn in einer Sonderausgabe Seite an Seite mit Spider-Man gegen einen Superschurken kämpfen, der keinerlei Ähnlichkeit mit einem Republikaner hatte. „It looks like Washington is in capable hands“, stellte Spider-Man am Ende fest, bevor er nach New York zurückkehrte. Rory Gilmore ist dagegen nie wieder zu Hause in Stars Hollow, Connecticut, angekommen: „IV be leaving for who knows how long“. hatte sie ihre Mutter gewarnt, „it could be take months, it could bc two years if Barack does well.“ Der Rest ist Geschichte.

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