Berlinale 2024: Skandalspektakel zum Ausklang

Erst Klatschen, dann Entsetzen. Wo Söder stänkert, kündigt Roth mal wieder eine „Aufarbeitung“ an

Mit umgehängten Palästinenser-Tuch und anti-israelischen Bollersprüchen geht die Berlinale 2024 zu Ende. Nach einem solide bis woke dahin plätschernden Filmprogramm markierten einige Regisseure zum Abschluss noch schnell den starken Polit-Max.

Nun wird um die atmosphärischen und politischen Folgen der Preisverleihung, bei der Israel ein „Genozid“ gegen die Palästinenser vorgeworfen wurde, eifrig gerungen. Nachdem sich aus dem fernen Bayern selbst der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (oder seine Public-Relation-Sheriffs) über den Messenger-Dienst „X“ geäußert hat, brennt bei Kultur-Staatministerin Claudia Roth ein weiteres Mal die Hütte.

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„Was auf der Berlinale passiert ist, entsetzt uns“, so Söder mit einem Seitenhieb gegen die grüne Kultur-Agenda. „Dieser offene Antisemitismus in der Kulturszene ist erschreckend. Es zeigt sich: Die Documenta ist kein Einzelfall. Dieser Fall von Antisemitismus auf offener Bühne muss vollständig aufgeklärt werden. Claudia Roth muss ihr dröhnendes Schweigen endlich beenden.“

Die so in die Verantwortung Gerufene muss erstmal Zeit gewinnen. „Gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, und dem Berliner Senat, die mit uns die Verantwortung für die Berlinale tragen, werden wir nun die Vorkommnisse bei der Bärenverleihung aufarbeiten“, so die von allen Seiten bedrängte Roth. Es solle untersucht werden, heißt es im Funktionärs-Sprech, „wie die Berlinale ihrem Anspruch, ein Ort für Vielfalt, unterschiedliche Perspektiven und Dialog“ zu sein, gerecht geworden sei oder nicht.

Sie will klären, „wie zukünftig sichergestellt werden kann, dass die Berlinale ein Ort ist, der frei ist von Hass, Hetze, Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jeder Form von Menschenfeindlichkeit“. Für die neue Berlinale-Direktion Tricia Tuttle, die im April ’24 ihren Dienst antritt, wartet einiges in puncto „Scherben zusammenkehren“, wo es doch eigentlich um die Neuausrichtung von Filmkunst und der zuletzt graumäusigen Festival-Aura gehen soll

Der Berliner „Tagesspiegel“ und örtliche Boulevard-Zeitungen wie die „B.Z.“ waren derweilen auf Sesselreihen-Patrouille beim Festival-Abschluss. Dabei werden Berlins Regierender Bürgermeister und Staatsministerien Roth beim Sitzenbleiben und Hände-Bewegen gespottet: „Hass gegen Juden. Skandal-Berlinale! Roth und Wegner klatschen für Anti-Israel-Rede“ heißt es in einer entsprechenden Headline.

Die von vielen Seiten bedrängte Claudia Roth wirft ihrerseits die Einerseits/Andererseits-Maschine an: „Wir werden gemeinsam mit ihr die nötigen Schlüsse aus der Aufarbeitung dieser Berlinale ziehen. Dabei betone ich aber ganz klar, dass an der künstlerischen Freiheit und Unabhängigkeit der Berlinale nicht gerüttelt werden darf. Entsprechende Forderungen weise ich deutlich zurück. Allerdings geht diese kuratorische Freiheit auch mit einer großen Verantwortung einher.“

Die Erregungs-Propeller kreist. Für Besonnenheit oder den Versuch, die paar prä-potenten Auftritte nicht gar so hoch zu hängen, ist es nun zu spät. Mittlerweile heißt es gar von Seiten des israelischen Botschafters Ron Prosor, die „deutsche Kulturszene“ rolle den Roten Teppich „ausschließlich für Künstler“ aus, die sich für „Israels Delegitimierung“ einsetzen.

Er fordert mit Nachdruck in Richtung ebendieser Szene: „Ihr Schweigen, sogenannte „Kultur-Elite“, ist ohrenbetäubend! Es ist an der Zeit, Ihre Stimme zu erheben und dieser grotesken Scharade eine Absage zu erteilen. Handeln Sie jetzt, oder seien Sie für immer Teil dieses beschämenden Erbes.“

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