Biographie und Musik weisen ihn als Amerikaner aus. Doch der Schweizer Hank Shizzoe narrt mit doppelter Identität

Die Wirklichkeit ist immer anders. Und die Lüge liest sich wie ein Märchen. Nehmen wir Hank Shizzoe. Er wurde am 9. Mai 1949 in Oahu/ Hawaii geboren. Mutter Peggy und Vater Bob waren Hank-Williams-Fans, daher des Sohnes Vorname. Da Vater Bob Handelsvertreter war, war man ständig unterwegs. So lebte Hank in Louisiana, Mississippi, Alaska und Tennessee, doch trotz der vielen Ortswechsel gab es eine Konstante: seine Gitarre. Mit 19 fuhr er zur See, bereiste die Metropolen von Europa und landete schließlich in Colorado, wo er den Country-Blues erlernte.

Hanks Odyssee endete in Zürich. Hier spielte er mit seiner ersten Band The Homesick Homewreckers die EP „Some Recordings“ ein. 1992 folgte das Albumdebüt „Low Budget“, geziert von einem gitarrespielenden Gartenzwerg. ’96 dann das Album „Walk“, aufdem ihn The Raiders OfT he Last Groove und sein schnurrender Kater begleiten. – So weit, so falsch.

Doch das alles klingt immer noch besser als: „Thomas Erb (29), geboren in Rueti als zweiter Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns. Studium von Politik und Journalismus. Zwei Jahre Kulturredakteur einer Züricher Zeitung.“ Wären da nicht Elvis im Fernsehen und Creedence Clearwater im Radio, Ry Cooders Musik zu „Paris, Texas“ im Kino und Knopflers Gitarrentechnik gewesen. Und dann hing da auch noch in einer Musikalienhandlung eine National Guitar, Baujahr 1929, für 1350.-Franken. 1200.- Franken waren auf Thomas Konto, den Rest lieh er sich, und endlich wußte Hank-Thomas, was es bedeutet, wenn Paul Simon sang: „The Mississippi Delta was shining like a National Guitar…“

Mit einem Alter ego zu leben ist gar nicht so übeL Wenn schon nicht schwarz und aus den Südstaaten, dann doch lieber gleich „Shizzoe“, wie Bruder Hans den Thomas immer titulierte. „Freunde, speziell aus dem Musikbereich, nennen mich Hank. Wenn’s um die Gage geht, dann fragen sie nach Thomas. Nach einer langen Nacht kommt es schon mal vor, daß der Thomas morgens den Hank rasiert. Ich kann schon unterwegs sein, und Hank schläft noch. Auf der Bühne groovt der Thomas nicht besonders.

Der schreibt die Songs, Hank spielt sie, und wenn gelegentlich alles hakt, dann sind sie zusammen dran.“ Ob Hank oder Thomas, es klingt immer genuin amerikanisch, auf CD wie auch bei den nicht enden wollenden Konzerten. Hank bekennt: „Ich hab halt immer sehr gut geklaut, viel gespielt, selten geübt Schöner heißt das: sich inspirieren lassen. Das Fingerpicking hat mir den Weg gezeigt Ich stehe halt mehr auf das Rhythmusspielen, auch wenn’s die Melodien limitiert“ An einem warmen Juniabend in der Sulzer Halle von Winterthur gelingt Hank und seiner hervorragenden Band (Michel Poffet am Baß, Schifer Schafer, ehemals Rumpelstilz, an der Gitarre sowie Ueli Spoerri am Schlagzeug) das Kunststück, die hitzige Intimität eines Louisiana-Bluesclubs in die ehemalige Fabrik zu zaubern. Und danach, unfaßbar, bauen die Herren selbst ab!

In der Schweiz gibt es viele Musiker; aber nur wenige Profis. Im Lande des Qualitätsanspruches spielen alle auf feinstem Equipment, die meisten aber als Hobbymucker. Anders Hank Shizzoe: „Ich wollte schon sehr früh Musiker werden. Der Familie zuliebe habe ich erst klassische Klarinette gespielt. Dann wollte ich Drummer werden. Aber irgendwann war ich so scharf drauf, Profigitarrist zu werden, daß nichts anderes mehr zählte.“ Natürlich hat Hank-Thomas auch das Land seiner Biographie und Träume besucht Die Vorstellung war romantisch, die Realität schockierend. „Außerhalb der Städte in den Südstaaten, das ist wie die Vierte Welt. Ich habe mich fast geschämt, da als Tourist herumzureisen.“ Trotz dieser Erfahrungen vor Ort wird Hank Shizzoe im Herbst in US-Clubs Konzerte geben. „Ich freue mich schon sehr, und wir werden uns die größte Mühe geben. – Schweizer Qualität, unterwegs für Sie.“

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