„Black Christmas“: Die Mutter aller Slasher-Filme wird 50

Außerdem behandelt der Film die im Genre vernachlässigte Frage nach der Selbstbestimmung von Schwangeren.

Der erste schockierende Point-of- View-Shot des Kinos wird John Carpenter zugeschrieben, der uns 1978 in „Halloween“ Bluttaten aus den Augen des Mörders sehen ließ. Tatsächlich war aber sein Regiekollege Bob Clark mit dieser voyeuristischen Darstellung einer suggerierten Mittäterschaft des Zuschauers früher dran. Und das ist nur eine der vielen Leistungen dieses im vergangenen Jahr in 4K aufgelegten, 1974 aber wenig beachteten Slasher-Pionierfilms, in dem ein Killer zu Weihnachten im Haus einer Studentinnenverbindung wütet.

„Black Christmas“ beginnt als Whodunnit, wird zu einem Why-did- he-do-it und endet wieder als Whodunnit. Der sich im Dachboden einrichtende Psychopath bleibt nicht nur namenlos, sondern steht auch in keiner Beziehung zu seinen Opfern. Ein anarchisches Pendant zum zweiten Horror-Meilenstein von 1974, „The Texas Chain Saw Massacre“, wenngleich dieser als Gesellschaftsparabel über verarmte Landbevölkerung funktionieren sollte.

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Der Film steckt voller „Firsts“. Er war einer der ersten, wenn nicht gar der erste Gore-Streifen, der seine Opfer nach dem „Final Girl“-Prinzip ordnet, und der erste, der eine „Urban Legend“, ein modernes Schauermärchen, auf der Leinwand abbildet. Außerdem behandelt er die Anfang der 70er-Jahre im Genre vernachlässigte Frage nach der Selbstbestimmung von Schwangeren. Weil die junge Jessy (Olivia Hussey) abtreiben will, soll sie sterben – Ausdruck einer Moral, die nahezu sämtliche Kinokiller prägte: Gemeuchelt werden Teenager, die Drogen nehmen oder eben sexuell aktiv sind.

Auf der Todesliste steht auch die mitreißende Sexy-Trash-Talkerin Barbara, gespielt von Margot Kidder, der Muse der New-Hollywood-Regisseure um Spielberg und Scorsese. Erstochen wird sie jedoch im Moment größter Unschuld: im Schlaf. Das Tatwerkzeug ist das Horn einer kleinen Fabelfigur: eines Einhorns. Es sind auch bösartige Details wie diese, die „Black Christmas“ zu einem kleinen Meisterwerk machen. (4K Ultra HD, Leonine)

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