Brutal wie früher

ES IST EIN SONNIGER Frühjahrstag in Los Angeles, doch die Welt sieht naturgemäß trister aus, wenn man ein Mitglied von Black Sabbath ist. Gitarrist Tony Iommi ist gerade zurück nach England gefahren, um sich gegen seinen unlängst diagnostizierten Lymphknotenkrebs behandeln zu lassen – und auch Ozzy Osbourne hat mit medizinischem Ungemach zu kämpfen: Er trägt seine frisch operierte Hand in der Schlinge, nachdem er vier Tage zuvor zu einem menschlichen Schneidbrenner mutierte. „Meine Frau hatte im Wohnzimmer eine gottverdammte Kerze brennen lassen, die prompt den ganzen Kaffeetisch in Flammen setzte.“ Er streicht seine Haare zurück, um eine Verbrennung auf seiner Haut zu zeigen. „Und als sie dann Wasser drauf kippte, explodierte das Ding wie eine Napalmbombe.“ Er zuckt mit den Schultern: „Alltag bei den Osbournes.“

Zumindest in einem Punkt aber ist alles im Lot: Die Band nähert sich der Fertigstellung von „13“, dem ersten Studioalbum in 35 Jahren, an dem auch Ozzy Osbourne beteiligt ist. Unter der Ägide von Rick Rubin produzierten Osbourne, Iommi, Bassist Geezer Butler und Gasttrommler Brad Wilk (Rage Against The Machine) ein Album, das den schleppenden, ultra-heavy Sound von Sabbaths frühen Klassikern wieder auferstehen lässt. „Meine Frau nennt mir immer Namen von neuen Bands“, so Ozzy, „und ich hab keinen Schimmer, wovon sie überhaupt spricht. Wir machen einfach das, was wir immer gemacht haben.“

In den vergangenen 15 Jahren hatte Osbourne zwar mit der Band mehrfach getourt, aber der Weg zur Studio-Reunion war ein dorniger. Das Projekt fuhr im vorigen Jahr fast vor die Wand, als Original-Drummer Bill Ward wegen „vertraglicher Schwierigkeiten“ ausstieg. (Ward lehnte es ab, sich hier zum Thema zu äußern.)“Man kann nicht einfach sagen: ,Ach, dies und das gefällt mir aber nicht'“, meint Ozzy. „Man muss schon die Arschbacken zusammenkneifen.“

Als sie endlich mit der eigentlichen Arbeit beginnen konnten, lud Rubin sie in sein Haus ein, legte ihr Debütalbum von 1970 auf und stellte ihnen die Aufgabe, zum Brutalo-Sound der frühen Jahre zurückzukehren. „Wir mussten alles verlernen, was wir in der Zwischenzeit gelernt hatten“, so Geezer Butler. Mit einer anderen Rubin-Empfehlung mochte sich die Band aber nicht anfreunden – nämlich den vakanten Platz hinter den Drums mit dem notorischen Querkopf Ginger Baker zu besetzen. Iommi erinnert sich: „Ich hab nur gedacht: Ach, du heilige Scheiße!“ Wilk, Rubins nächster Personalvorschlag, funktionierte erheblich besser. „In meinem ganzen Leben hab ich noch keine Instrumente gehört, die so brüllend laut waren“, sagt der Rage-Drummer. „Und ich hab weiß Gott schon in lauten Kapellen gespielt.“

Iommi konnte nur in Etappen arbeiten. Zwischenzeitlich musste er sich in die Chemotherapie verabschieden -eine Maßnahme, an die er sich auch halten wird, sollten sich die Tournee-Pläne konkretisieren. „Im Moment scheint alles halbwegs unter Kontrolle“, sagt der Gitarrist mit einem schiefen Grinsen. „Aber keine Frage: Wir mussten das Album einfach jetzt machen. Wer weiß, ob wir in zehn Jahren überhaupt noch zur Verfügung stehen.“

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates