Cum grano salis

Wiglaf Droste kocht seine beißende Satire auf kleinerer Flamme und wendet sich den wahren Genüssen zu

Es gibt den ganz schönen Spruch: Ein gutes Leben ist die beste Rache“, sagt Wiglaf Droste und wiegt seinen Kopf nachdenkend zur Seite. Aber Rache? Wofür eigentlich? Das ist gut für junge Männer. Aus dem Alter bin ich raus.“

Natürlich findet er immer noch harte Worte. Für Heinz Rudolf Kunze etwa, der, wenn Droste einige Tage später in derselben Stadt gastiert, den Veranstalter bittet: „Grüßen Sie den Wiglaf Droste nicht von mir.“ Oder für Wolfgang Niedecken, dem er seine oft zur Schau gestellte Dylan-Begeisterung nicht abnimmt („Der hat aus ,I want you so bad‘ ,Isch will disch, na klar‘ gemacht.“). Doch in seinen Texten wendet sich Droste immer öfter von solch unerfreulichen Themen ab. „Wenn man sich ausschließlich damit beschäftigt, was andere Leute so machen, mag das sehr einträglich sein, aber es tut einem selbst nicht gut“, erklärt er. „Diese Einsicht ist vielleicht der Grund, warum ich mich beim Schreiben immer häufiger Sachen zugewandt habe, an denen mein Herz hängt.“

Das Bild des etwas freudlosen, leicht verkrampften Pitbull-Prosaisten, das mancher ob seiner harschen Texte von Droste haben mag, geriet in den letzten Jahren ins Wanken – sei es durch ungewöhnlich lustvolle Schilderungen seiner Reisen ins Mecklenburgische („ein vorbildlich bevölkerungsarmes Bundesland“) oder durch seine Liebe zum Kochen, der er unter anderem in „Häuptling eigener Herd“ frönt, der „einzige(n) kulinarische(n) Kampfschrift mit Klappentext“ (Klappentext), die er zusammen mit, dem Fernsehkoch Vincent Klink herausgibt. Immer häufiger tritt in seinen Kolumnen und Gedichten Droste, der Genußmensch und Kenner des Guten und Wahren hervor. „Ich habe oft den Vorwurf gehört, ich liebte das Leben gar nicht, ich hätte den bösen Blick und ‚würde nur die negativen Seiten sehen. Das Gegenteil ist der Fall. Ich möchte mich nur nicht in irgendwas verknallen, was ich mir vorher schönreden muß.“

„Alles, was ich den Leuten anbieten kann, ist meine Wahrnehmung“, sagt Droste, der kein Volksaufklärer sein will, eher wie der Verfechter einer quasi epikureischen Philosophie erscheint: lustfreundlich, aber nicht im Sinne des im Feuilleton oft beschworenen oberflächlichen Hedonismus. So widmet sich „Häuptling eigener Herd“ – eigentlich eine Literaturzeitschrift mit kulinarischem Anstrich, bei der die Autoren für ihre Texte kein Honorar bekommen, sondern mit einem fürstlichen Essen in Vincent Klinks Restaurant „Wielandshöhe“ entlohnt werden – nicht etwa dem schönen Schein. „Gut zu essen aus Statusgründen ist widerlich. Leute, die ihren Genuß ausstellen, die im Restaurant sitzen und ,ah‘ und ,oh‘ machen, sind gruselig. Oder wenn man eingeladen wird, und dann erzählen die Gastgeber die ganze Zeit ungebeten, wo sie das alles gekauft und wie sie das zubereitet haben. Da geht man doch nie wieder hin. Luxus ist ja eigentlich, wenn das Gute selbstverständlich ist – wie Einatmen und Ausatmen.“

Droste schaut gern hinter die Oberflächen und Masken – da unterscheidet er nicht zwischen seiner Profession als strenger Beobachter der Weltläufe und seiner Kochleidenschaft, die er ab und zu auch öffentlich mit Vincent Klink zelebriert: „Kochen hat den ganz entscheidenden Vorzug, daß da eigentlich alle Sinne scharfgestellt und beteiligt sind. Es ist erstmal ein Handwerk – und Nase und Zunge sind natürlich auch beteiligt. Das sind ja schon drei Sinne mehr als der Mensch bei seiner Haupttätigkeit gebraucht, dem Glotzen. Und der visuelle Sinn ist ja der, den man am leichtesten übertölpeln kann. Beim Kochen geht es nicht darum, ob es gut aussieht, sondern wie es wirklich ist. Ein Koch geht zum Beispiel, in dem er ein Tier ausnimmt, den Dingen mehr auf den Grund als einer, des nur anguckt. Das kann man vom Kochen lernen.“

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