Das erste Mal

Die jungen Londoner von The Rifles suchen in ihrem Retro-Rock nicht Rebellion, sondern Romantik

Wie The Rifles da lustig beschwingt aus dem Tourbus in die Lobby ihres Kölner Hotels schlendern, das hat etwas angenehm Naives. Die Hofierungen, der kostenlose Luxus, das große Abenteuer: All diese Dinge passieren hier noch zum ersten Mal und versetzen die jungen Londoner entsprechend ganz ungekünstelt in Aufregung.

Auch das Debütalbum, das im allerbesten Sinne jungspundisch klingt, ist naiv und warm und auf eine englische Art romantisch wie sonst nichts im Moment. Auf „No Love Lost“ spannen The Rifles einen weiten Bogen von den Smiths und Paul Weller bis zu den – eigentlich ja ebenso alten, weil die Musik der späten Siebziger feiernden – Kaiser Chiefs und vielleicht auch Dirty Pretty Things. Das alles klingt bekannt, weil die Spielräume in der laufenden Rock-Renaissance eben klein sind, aber nichtsdestotrotz finden The Rifles eine eigene Nische. „Romantisch ist das richtige Wort“, bestätigt Sänger und Gitarrist Joel Stoker. „Wir wollten eine Platte machen, die sich schön anfühlt und einen tröstet, wenn die Dinge schlecht stehen. Wir sind alle keine harten, gefährlichen Typen, die Fernseher aus dem Hotelfenster werfen.“

Stoker ist einer der beiden Gründer der Rifles, ein vernünftiger Typ mit guten Manieren und dem Herz am rechten Fleck. Der zweite Vormann, Gitarrist Luke Crowther (in speckigem Lederblouson und mit Gammler-Hut mit – natürlich! – The Clash-Buttons), ist das Gegenstück dazu, ein etwas fahriger, sympathisch chaotischer Typ, der wohl das Unberechenbare in die Musik der Rifles bugsiert. Gemeinsam haben die beiden vor einigen Jahren im Jugendzimmer das Liederschreiben begonnen und schließlich eine Band zusammengetrommelt. Dann die Singles, der Ruhm im Untergrund, schließlich das nationale Radio, Superlativen von Steve Lamacq, ausverkaufte Clubs noch vor LP-Release – alles ist gut gelaufen bei den Rifles und die Karriere fürs Erste in Butter. „Es ist total aufregend, auf der Bühne von Amateuren zu einer ganz ordentlichen Band zu werden“, berichtet Crowther, und die anderen nicken eifrig dazu.

Wie Amateure sind sich The Rifles übrigens auch bei ihrem prominenten Produzenten vorgekommen: Ex-Lightning Seeds-Kopf Jan Broudie hatte daheim in Liverpool ein paar Lieder gehört und sich dann angeboten. „Der Mann ist verrückt“, urteilt Stoker, „er hat kein Problem damit, einen ganzen Tag lang am Snare-Sound zu arbeiten. Oder an einem Gitarren-Take. Und außerdem fühlt man sich mit ihm nicht sicher, wenn mal was nicht so läuft — er wird total panisch, anstatt Gelassenheit zu verbreiten.“

Das ist ja vielleicht Absicht! Auf diesem Wege sind alle mitten drin im kreativen Prozess und können sich nicht zurücklehnen. Mit The Rifles jedenfalls hat Broudie eine ganz direkte, emphatische Platte gemacht. „Es war eine Qual, bis es sich so leicht anhörte“, gibt Crowther zu. „Wir wussten zwischendurch gar nicht mehr, wohin die Reise geht. Aber einem wie Broudie widerspricht man nicht.“ Jedenfalls noch nicht beim ersten Mal.

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