Dem verstorbenen Freund hat Emmylou Harris viel zu verdanken. Weshalb sie beim Gram Parsons-Tribute persönlich Regie führte

Am Anfang stand die Angst Angst, es falsch zu machen. Angst, das Erbe eines so großartigen Musikers etwa kaputtzumachen. Doch dann siegte wieder einmal Emmylou Harris‚ Courage – und ihre Liebe zu Gram Parsons. Als dieser 1973 starb, blieb sie zurück, „mit unendlich vielen und unsterblichen Erinnerungen“ an jenen Mann, von dem sie viel gelernt, mit dem sie viel erlebt und dessen Lieder sie nie vergessen hat „Return Of The Grievous Angel – A Tribute To Gram Parsons“ soll nun dafür sorgen, dass auch andere Mitmenschen sich seiner erinnern. Zu Beginn musste Harris von Almo-Sounds-Manager Paul Kremen jedoch dazu überredet werden, das Album mit ihm zusammen zu produzieren. Harris zögerte, weil sie ganz genau wusste, dass es eine schwere Aufgabe werden würde, die richtigen Musiker zu finden: „Paul wollte es unbedingt machen, während ich die Idee zuerst beängstigend fand. Ich dachte, es könne nur schiefgehen. Aber Paul hat so viel Energie, er ist ein großer Gram Parsons-Fan und er hatte die richtigen Argumente. Daher entschied ich, lieber mit ihm zusammenzuarbeiten, bevor jemand anderes ein ähnliches Projekt anzettelte und ich mich darüber ärgern müsste.“

Emmylou Harris will dieses Album „nicht so sehr als Tribute, eher als eine Einführung in Grams Songs“ sehen. Es stört sie immer noch, dass gerade in den USA die Byrds zwar noch bekannt sind, die Flying Burrito Brothers aber von der Masse sträflich übersehen werden. „Vor kurzem dachte ich, keiner interessiert sich heute noch für Gram. Ich bin die Einzige. Es ist eine Schande, dass seine Musik kaum noch wahrgenommen wird. Doch dann hörte ich so viele Bands, die nicht nur nach Gram klangen, sondern auch ganz offen zugaben, extrem von ihm beeinflusst zu sein.“ So habe sich laut Harris „das Album von selbst fertiggestellt“, sie habe „nur ein paar Leute angerufen und so ein bisschen mitgesungen“. – Understatement, natürlich.

Gegen Terminpläne zu kämpfen war noch die leichteste Übung, obwohl viele Superstars angefragt wurden. Die Hälfte von ihnen ist jedoch mit der Sängerin befreundet „Chrissie Hynde habe ich zu Hause angerufen, und sie wollte auf alle Fälle ‚She‘ mit mir zusammen singen. Sheryl Crow traf ich in New York, auch sie war sofort Feuer und Flamme: .Klar, machen wir doch die Aufnahmen gleich morgen!'“

Einige andere instruierte Harris genauer, damit nichts schiefginge. „Ich fragte z. B. Gillian Welch, ob sie nicht ‚Hickory Wind‘ singen wolle. Diesen Song musste ich unbedingt auf dem Album haben, und ich fand, er sei in ihren Händen gut aufgehoben. Sie hat etwas sehr Spirituelles in ihrer Stimme. Außerdem bat ich die Mavericks um ‚Hot Burrito #1‘. Raul Malo singt es ganz anders als Gram. Genau das gefällt mir an dem Album: Die Leute haben sich echt was einfallen lassen, anstatt einfach nachzuspielen. Hör Dir bloß die Cowboy Junkies und ‚Ooh Las Vegas‘ an!“

Zwischenzeitlich graute ihr bei der Vorstellung, einige könnten mit einem miesen Cover ankommen und sie müsste diejenigen wieder zurück ins Studio schicken. Aber gerade die gewöhnungsbedürftigen Versionen gefielen ihr am Ende am besten. „Wilco zum Beispiel sind großartig, denn wir brauchten ja wirklich ein paar rockende Tracks. Gram lebte an und für sich mehr im Land der Balladen.“ Die Duette waren für Harris der definitiv spannendste Teil. Sie arrangierte Treffen, bei denen keiner der Beteiligten wusste, was passieren würde. „David Crosby hatte keinen Schimmer, wer Lucinda Williams ist Heute weiß er es – auch ein schönes Resultat des Projekts.“ Ein Typ durfte natürlich nicht fehlen. „Ohne Chris Hillman wäre es gar nicht gegangen. Er war ja dermaßen mit Gram an der Hüfte zusammengewachsen – in musikalischer Hinsicht. Steve Earle wollte unbedingt mit ihm spielen, was natürlich ein großartiges Zusammentreffen war.“ Sie selbst sang neben Crow und Hynde auch gemeinsam mit Beck, an anderer Stelle leben Juliana Hatfield und Evan Dando zusammen ihre Liebe zu Parsons aus. Bereits jetzt denkt Emmylou an eine Fortsetzung des Werkes: „So viele Bands hatten nur keine Zeit, aber große Lust etwas beizusteuern. Und Lieder gibt’s noch massenhaft. Gram hat ja nie einen schlechten Song geschrieben.“

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