Der Außenseiter

Ex-Traffic-Drummer JIM CAPALDI will nicht akzeptieren, dass es keinen Rock'n'Roll mehr gibt

Rap reimt sich für ihn nur auf crap. Auch sonst tut sich Jim Capaldi sehr schwer mit den modernen Zeiten. „Living On The Outside“ heißt denn auch etwas larmoyant und sehr autobiografisch sein erstes Solo-Album seit einer Dekade. Richtig in der Mache war es aber erst seit 1999.

Nach der Reunion mit dem 94er-Album „Far From Home“ hatte der Drummer und Songwriter eigentlich auf eine Fortschreibung der Traffic-Saga gesetzt Doch Partner Steve Winwood zog sich lieber zurück auf sein Anwesen in Gloucestershire, um seine vier Kinder aufwachsen zu sehen. „Okay, das mag für ihn funktionieren. Aber ich war schon sehr enttäuscht von Steve“, räumt Capaldi ein, der sich mit einer US-Tour mit Ex-Traffic-Mann Dave Mason tröstete. „Er hat nicht nur mich hängenlassen, sondern alle anderen, die auf mehr von Traffic gehofft hatten. Es gab keinen Grund, nicht weiterzumachen.“

Zumal sich inzwischen auch Paul Weller als Traffic-Fan geoutet hatte. 1994 sollte er das Duo sogar interviewen – was kollidierende Terminpläne verhinderten. Capaldi: „Ich war erfreut, das zu hören, aber nicht überrascht angesichts seiner Entwicklung. The Jam waren damals okay, aber keine Weltklasse wie Police oder Dire Straits. Aber was Paul dann mit Style Council angestellt hat – wirklich beeindruckend. Diese Musikalität hatte ich aus England nicht mehr erwartet.“

Er lacht. Inzwischen sind die beiden befreundet, und Weller gastiert, ebenso wie George Harrison, auf „Living On The Outside“.

Capaldi verbringt heute die meiste Zeit in Brasilien, der Heimat seiner Frau, und im Großraum Köln, wo er Can-Studiochef Rene Tinner, auch Co-Produzent des neuen Albums, und Harald-Schmidt-Bandleader Helmut Zerlett zu seinen Freunden zählt. Am Tag nach unserem Gespräch zog es ihn aber zurück nach England, wo eine Party bei Bill Wyman und Sessions mit Steve Winwood riefen. Gibt es doch noch Hoffnung für Traffic? „Er fragte, ob wir nicht wieder was zusammen machen wollen. Keine Ahnung, wofür. Bei Steve weiß man nie genau, woran man ist.“ Und woran ist Hip-Hop-Hasser Jim Capaldi sonst? „Es gibt keinen Rock’n’Roll mehr in der Welt. Was soll man machen? Es ist alles nur noch Cabaret.“

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