Der Düsseldorfer Grillverein: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Die TOTEN HOSEN feiern Halbzeit

Vorgruppen haben es nicht leicht, selbst wenn sie so fabelhaft aufspielen wie Muff Potter. Die treten an diesem sonnigen Samstagnachmittag als erste von fünf Kapellen an, um auf das abendliche Hauptereignis, den Gig der Toten Hosen, einzustimmen. Durchaus interessiert wird dem exzellenten Deutschpunk der Münsteraner gelauscht, die ganz große Euphorie bleibt allerdings anderen vorbehalten. Muft Potter bekommen das zu spüren, als sie ihr nächstes Stück ansagen. Begeisterter Jubel branden da auf, der die Band selbst irritiert, weil besagter Titel bislang überhaupt noch nicht veröffentlicht wurde.

Erwähnter Aufruhr gilt dann auch nicht der Musik, sondern Hosen-Vbrsteher Campino, der gerade verschmitzt grin-send aus dem Backstage-Bereich das malerische Konzertgelände der Loreley betritt und binnen kürzester Zeit von Fans umlagert wird.

Schon am Abend zuvor sorgte er für Zunder: Vor einer weit kleineren Fanschar läuteten die Hosen das „Grillfest“ ein, die zweitägige Sause zur Halbzeit der überaus erfolgreichen „Auswärtsspiel“-Tour. Nach dem Solo-Set des früheren Adverts-Sängers T.V.-Smith und den Punk-Veteranen The Boys überraschten die Gastgeber höchstselbst mit einem „Magical Mystery Gig“. Im Partyzelt vor dem Amphitheater der Loreley beschallten sie so die Besitzer der streng limitierten Campingtickets mit einigen schon lang nicht mehr live vorgetragenen Klassikern. Viele Songs wirkten recht holprig, der Sound war nicht brillant und Campino, dank seines früheren Lebensstils und des Showtalents nah dran, so etwas wie die Düsseldorfer Ausgabe von Ozzy Osbourne zu werden, las gar einige seiner älteren Texte vom Blatt ab. Es war wie die Karriere der Band: ein lautes, charmantes Desaster mit Kraft, Herz und Selbstironie. Ein voller Erfolg.

Die Intimität vom Vorabend lässt sich am Samstag bei 15 000 Besuchern natürlich nicht halten. Als Entschädigung dafür werden Gastspiele der Hosen-Freunde Donots, Backyard Babies, Beatsteaks, Muff Potter und A und obendrauf ein liebevoll zusammengestelltes Rahmenprogramm geboten.

Die Hosen persönlich lassen nichts unversucht, um ihren Fans mehr als das Übliche zu bieten und dabei gleichzeitig etwas Promotionarbeit für ihr im Nove,ber erscheinendes Best-of-Album „Reich und sexy II – Die fetten Jahre“ zu machen. Am Nachmittag betätigen die Düsseldorfer sich als Grillmeister, Campino glänzt beim Tippkick und verliert am Ende nur gegen einen der Tippkick-Bundesligaspieler.

Einen Sieg auf ganzer Linie fahren die Hosen hingegen erwartungsgemäß ein, als sie die Bühne kurz vor 21 Uhr für ihren über zweistündigen Gig entern.

Wiederum kein akustischer Hochgenuss, zumal die Kondition der Musikanten ob all der Feierei doch hörbar gelittten hat. Angesichts der hoseneigenen Spielfreude stört das niemanden. Bei einem Querschnitt durch das gesamte Bandschaffen von Oldies wie „Armee der Verlierer“ bis zum neueren „Steh auf, wenn Du am Boden bist“, garniert mit Gastauftritten einiger Freunde, kommen die aus der gesamten Republik angereisten Fans voll auf ihre Kosten. Den Höhepunkt des Abends bildet neben „Bayern“, dem eifrigst mitgesungenen ultimativen Sieg des Inhalts über die Form, das ruhige, schlicht ergreifend dargebotene „Nur zu Besuch“.

Ein schönes Wochenende war’s – fast wie damals im Jugendzeltlager.

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