Der Sinn des Unsinns
Die Autobiografie von Monty Python zeigt nicht nur die Genialität der Komikertruppe, sondern auch ihren individuellen Irrsinn
Es fängt ja immer in der Schule an. Da sitzt ein kleiner Wicht und fragt sich, wie er den Attacken der anderen ausweichen kann. Er ist nicht stark genug, er kennt nicht die richtigen Leute, er hat kein Bestechungsgeld. Aber er kann verdammt witzig sein. Und schon ist er geboren, der Klassenclown. Eric Idle war so einer.
Michael Palin konnte toll Lehrer imitieren, John Qeese war nur in einer Theatergruppe, weil er Teamwork mochte. Terry Jones interessierte sich tatsächlich für Schauspielerei und schrieb gern, doch Comedy lag ihm fern. Graham Chapman verfasste als Teenager ein Buch über „Hygiene für Schulmädchen“ und begann bald ein Medizinstudium, Terry Gilliam liebte Cartoons, Zirkus und mogelte sich so durch.
Wie aus sechs so unterschiedlichen Jungs eine berühmte „Autorenkommune“ (Idle) wurde? Das alles und noch viel, viel mehr wird nun aus erster Hand erzählt: „Python über Python – Die Autobiografie von Monty Python“ (Hannibal, 55 Euro) wurde vom Filmkritiker Bob McCabe zusammengetragen – ein Liebesdienst auf 366 Seiten. Dezidiert werden Kommentare, Tagebuchnotizen und überwältigendes Fotomaterial aneinandergereiht, bis man sich absolut sicher ist, dass man also immer Recht hatte:
Diese Typen sind verrückt. Und genial.
Als 1969 „Monty Python’s Flying Circus“ bei BBC startete, irritierte der skurrile Humor sogar die britischen Fernsehzuschauer. Die Komiker waren zwar schon in verschiedenen Formaten zu sehen gewesen, aber der „Circus“ war anders als alles, was es davor gab. Vielleicht, weil die Pythons keine Ahnung hatten, was sie da eigentlich taten. Es gab keine Struktur, keinen Produzenten, keine Grenzen. Und bei aller Kooperation selten Einigkeit. Cleese fand die Animationen Gilliams immer doof, Idle verteidigte den Kollegen pragmatisch: „Gilliam sorgte für unseren Durchbruch in Amerika, weil er zwei Dinge einbrachte, die Amerikaner lieben: Gewalt und Titten.“
In Deutschland outete sich Alfred Biolek bald als Fan, in der Heimat unterbrachen angeblich die Beatles ihre Studioaufnahmen, wenn die Pythons im TV kamen. Fünf Kinofilme folgten, zunächst mit durchwachsenem Erfolg. „Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft“ war noch nicht der große Bringer, „die Sketche waren nicht besser als vorher“, so Terry Jones. Die Dreharbeiten zum Epos „Die Ritter der Kokosnuss“ gestalteten sich schlammig, waren von vielen Streitereien begleitet und generell unlustig, das Resultat laut Gilliam aber „mehr Avantgarde als alles andere“. Völlig gaga ganz bestimmt. Der Film, der Monty Python für immer und ewig in den Komiker-Olymp schoss, war natürlich „Das Leben des Brian“, der zuerst Jesus Christus – Gier nach Ruhm“ heißen sollte. Noch heute halten ihn alle Pythons für ihr „reifstes Werk“, „das Beste ,was wir je gemacht haben“ und die „glücklichste Zeit“ für die Gruppe. „Der Sinn des Lebens“ war dagegen wieder harte Arbeit.
Nach 45 Shows, fünf Kinofilmen und einem Dutzend Alben war es schließlich vorbei, eine Reunion-Show mit Steve Martin erwies sich ab „nette Idee“, so Palin – mehr leider nicht. Bei der Beerdigung von Graham Chapman 1989 sang Eric Idle „Alvays Look On The Bright Side Of Life“. Sein abschließender Kommentar zum Thema: „Mir ist klar geworden, dass wir eine Gang sind; wir lösen uns einfach nicht auf. Aber wir werden nie wieder etwas machen, weil es irgendwie niemand so richtig will.“
Wie genau sich die Pythons noch an alle Einzelheiten ihrer Zusammenarbeit erinnern, wie deutlich die verschiedenen Herangehensweisen und Wahrnehmungen der Individualisten dann nach und nach hervortreten – das ist das große Verdienst dieses beeindruckenden Schmökers. Man blickt nicht nur hinter die Kulissen, man kann ein bisschen in die Köpfe gucken. Am Ende glaubt man fast, diese Irren zu verstehen. Auf jeden Fall muss man sie lieben.