Der Wald, vom Berg aus gesehen

Es geht der wundervollen Stina Nordenstam besser als früher. Mehr psychologische Details waren in einer Sitzung nicht herauszubekommen

Wenn Sana Nordenstam eine Platte „The World is Saved“ nennt, muss man misstrauisch wenden. Schließlich ist von ihr in dreizehn Jahren kaum ein glücklicher Moment besungen und kein Lebensglück geschmiedet worden – da kann doch nicht plötzlich alles in Ordnung sein.

„Doch, es hat sich etwas ganz Grundsätzliches verändert“, widerspricht Stina Nordenstam, „noch bis vor kurzem war ich mir unsicher, wie die Dinge enden würden -jeder neue Tag, mein Leben, der Lauf der Welt. Ich hatte das Gefühl, einen immer steiler werdenden Berg hinaufzusteigen. Aber jetzt«, jetzt habe ich die Spitze erreicht. Und von der Spitze aus kann man weit sehen und hat einen guten Überblick. Doch, die Welt ist gerettet. Auch wenn die Kämpfe noch lange nicht vorüber sind.“

Was hier so eloquent klingt, ist für Nordenstam Schwerstarbeit: Die 35jährige Schwedin meidet die Öffentlichkeit normalerweise wie die Pest und gibt nur alle Jubeljahre eine Handvoll Interviews – diese hier wohl nicht zuletzt, um ihrer neuen Plattenfirma V2 guten Willen zu beweisen. Und es ist genau so, wie man es in klischeetriefenden Gedanken erwartet hätte: Stina Nordenstam kauert auf einem Stuhl, nicht verängstigt, aber mit deutlichem Unwohlsein im Gesicht, und gibt ihre natürlich hoch reflektierten, hypersensiblen Antworten mit fast unhörbar leiser Stimme. Dazu der in Schweden beliebte Kautabak, und das Gespräch wird zur echten Herausforderung.

„Ich bin kein Performer“, sagt Stina Nordenstam. Das bedeutet, dass sie auch in Zukunft keine Bühne betreten will, „ich gehöre nicht zu denen, die es brauchen, sich in den Reaktionen ihres Publikum zu spiegeln, um zu wissen, wer sie sind. Nicht, dass ich das schon wüsste. Ich würde es auf die Art nur ganz bestimmt nicht herausbekommen.“

Wie schon des öfteren in dieser Karriere versteht Nordenstam ihr neues Album in erster Linie als Reaktion auf das vorige. Das hieß „This Is Stina Nordenstam“ und war von Tchad Blake und Mitchell Froom in Los Angeles produziert worden. Ein Kraftakt und von allem viel zu viel sei das gewesen, sagt Nordenstam und hat die nächste Musik deshalb zu Hause in Stockholm aufgenommen. Im Studiokeller eines Kumpels entstanden elf neue Lieder, die nur von schwedischen Musikern gespielt wurden und einen, sagt Nordenstam, irgendwie schwedischen Unterton gemein haben.

Fein fragile Flüstermusik ist das, die den relativ poppigen Stil des Vorgängers verschmäht und eher an frühere Alben anknüpft. „Obwohl sich die Dinge für mich ganz neu anfühlen, ist natürlich auch auf dieser Platte viel Dunkelheit, und allem Guten droht auch immer der Zusammenbruch. Anders ist Hoffnung für mich nicht darstellbar.“ Schön zu vermuten, dass es ihr gut geht.

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